Kohl: Aufschwung bei Aufschwung

Die CDU setzt im Wahlkampf weiter darauf, daß sich die Wirtschaftslage bessert und die Arbeitlosenzahlen sinken. Der Bundeshaushalt soll stabil bleiben  ■ Aus Bonn Cornelia Fuchs

Im gemeinsamen Wahlprogramm von CDU und CSU kommt der Satz „Deutschland ist kein Einwanderungsland“ nicht vor. Der Kanzler und CDU-Vorsitzende Helmut Kohl kündigte gestern an, daß die Unionsparteien trotzdem eindeutig Stellung beziehen würden: „Die Probleme dieser Erde können nicht auf dem kleinen Territorium der Bundesrepublik Deutschland gelöst werden.“ Der einschlägige Programmpunkt „Nichteinwanderungsland“ war vor allem von der CSU gefordert worden. Doch der genaue Wortlaut des Wahlprogramms soll erst am 28. Juli in München vorgestellt werden.

„Wir haben den Wahlkampf noch gar nicht begonnen“, konterte Kohl Fragen auf den Wahlausgang am 27. September – und präzisierte nach Hinweisen auf die Rote-Hände-Kampagne: „Ich meine die heiße Phase.“ So lieferte der Kanzler nach der Präsidiumssitzung seiner Partei auch erst einen Aufgalopp: Bis zu drei Viertel aller Wähler hätten noch nicht entschieden, wem sie ihre Stimme geben wollten, sagte Kohl. „Wir werden unsere Chance wahrnehmen – und die Entscheidung fällt draußen beim Bürger.“

Dem SPD-Kanzlerkandidat Schröders bescheinigte Kohl: „Wer antritt, das Amt des Bundeskanzlers zu übernehmen, muß sich fragen lassen: Was hast du vorher gemacht?“ Nach Meinung Helmut Kohls ist das nicht viel: Bei „Schicksalsfragen“ der Deutschen sei der SPD-Kanzlerkandidat Gerhard Schröder bisher immer weggetaucht.

Auch das Scheitern der Steuerreform sei die persönliche Schuld von SPD-Chef Oskar Lafontaine und Schröder. So verwarf der Kanzler auch eine mögliche Große Koalition: „Ich kenne niemand in der CDU, der das will.“ Mit der Diskussion über die Große Koalition wolle die SPD nur von der Möglichkeit einer rot-grünen Koalition ablenken. Denn: „Die SPD hat panische Berührungsängste vor den Grünen.“ Es sei bemerkenswert, wenn die Grünen jeden Tag einen Programmpunkt zur Arbeitsplatzvernichtung vorstellten.

Zum Koalitionspartner FDP gerichtet, sagte der Kabinettschef, die FDP müsse selber sehen, was sie wolle – und vor allem auch selber Wahlkampf machen. Auf die CDU könne sie da nicht hoffen.

„Wir werden die Wahl gewinnen“ – diese Überzeugung sieht Kohl vor allem durch Wirtschaftszahlen bestätigt. Nur noch 31 Prozent der Deutschen seien inzwischen der Meinung, daß die Arbeitslosigkeit weiter steigen werde – im Januar hätten noch 61 Prozent diese Meinung vertreten. Für den Spätherbst sagte Kohl sogar einen Rückgang der Arbeitslosenzahlen auf unter vier Millionen voraus: „Daß die Wirtschaft boomt, daß überall Arbeitsplätze sind, das sieht jeder Wähler.“

Erste Zahlen des Bundeshaushalts 1999 zeigen, daß nach Vorstellungen des Finanzministers Theo Waigel die Ausgaben des Bundes im kommenden Jahr kaum steigen sollen. Der neue Etat wird am Mittwoch im Bundestag verabschiedet – und steht unter dem Vorbehalt, daß die jetzige Regierungskoalition die Wahl im September gewinnt. In Waigels Entwurf sind Ausgaben in Höhe von rund 465 Milliarden Mark vorgesehen, etwa ein halbes Prozent mehr als im Etat dieses Jahres. Die Neuverschuldung liegt knapp unter den 56,4 Milliarden aus diesem Jahr. Kohl meinte, daß alle Daten auf ein Wirtschaftswachstum von rund drei Prozent deuteten. Keine Antwort gab der Kanzler auf die Frage, wie lange er nach einem eventuellen Wahlsieg als Kanzler im Amt bleibe: „Warten Sie doch ab.“ Er wünsche weiter Wolfgang Schäuble als Nachfolger – aber es gebe keine Rangfolge bei möglichen Nachfolgern: „Wir sind hier doch nicht beim Eiskunstlauf.“