Schöne Identitätskrise

■ Mit VoiVod kommen angeschlagene Thrash-Metal-Pioniere aus den 80ern

Eine Chance haben VoiVod noch – wenn auch nur eine recht zweifelhafte. Nehmen wir einmal an, der derzeit im Metal grassierende Wust an 80er-Jahre-Revivals würde auch den ehemaligen Thrash-Metal-Pionieren aus Kanada zu erneuter Aufmerksamkeit verhelfen. Vielleicht kämen dann junge Metaller auf die Idee, ein „Tribute to VoiVod“-Album herauszubringen. Möglich wäre das – und angebracht allemal.

Nachdem es in den letzten Jahren schon einige Album-Hommagen an die wichtigen der harten 80er-Jahre-Helden wie Venom, Metallica oder Slayer gegeben hat und viele dieser neuen Bands auch in Eigenregie oft nichts besseres zu tun haben, als als Soundkopie einstiger Metal-Originale durchzugehen, wäre es an der Zeit, auch dem konfusen Metal-Punk-Chaos von VoiVod für die vielen wunderbaren Krachstunden zu danken.

Zwei Dinge sprächen allerdings gegen eine solche Bumfiedelei. Zum einen sind VoiVod als Band noch recht aktiv, wenn auch einigermaßen erfolglos. Zum anderen müßte die stilistische Kehrtwende im Metal auch die damals salonfähige Aversion gegen alles, was nach Punk oder Gesellschaftskritik roch, wieder aufleben lassen. Und das hieße: Nix da mit VoiVod-Verehrung, denn die nordamerikanischen Sci-Fi-Zerstörer hatten seit jeher ein Faible für sozialen Schmutz in ihrem Sound.

Auf den ersten drei Alben War And Pain, Rrröööaarr und Killing Technology strotzte es in VoiVods Apokalypsen vor Metal-Dreck, Exterminierungen und ranzigem Öl. Die fiktive Figur des VoiVod glich einer mechanischen Kämpfergestalt, die sich im post-nuklearen Wirrwarr nur mittels primitiver Waffengewalt gegen die ungleich subtileren wie grausameren Machtstrategien intergalaktischer Megakonzerne durchsetzt. Der Drummer Michael Langevin agierte seit Anbeginn als Intendant in Sachen inhaltlicher Programmgestaltung. Er war der erste, dem es gelang, im entpolitisierten Metal-Kosmos die Themen Gentechnik und Globalisierung nachhaltig zu verankern.

Doch seit sich VoiVod entlang mehrerer Alben endgültig vom Metal zu verabschieden drohten und mit Sänger Denis Belanger der größte Sympathieträger die Band vor einigen Jahren verließ, treiben die Kanadier für viele schon zu lange unentschlossen von Tour zu Tour. Und die Besucher werden immer weniger. Das Schreckgespenst der eigenen Identität hält die Band fest in seinen Krallen, und ehrlich gesagt hilft da auch kein Tribut-Album. Wer also sind VoiVod und wer ihre Anhänger? Fan, bitte melde dich!

Oliver Rohlf Mi, 15. Juli, 21 Uhr, Molotow