piwik no script img

Paula und ich: Das Wochenbett

Paula und ich sind in heller Aufregung. Wir haben seit Dienstag früh vier Hundebabies zu versorgen. Kein Mensch hat uns vorher gesagt, daß es sich um unersättliche, schreiende, segelohrige Gierhälse handeln würde, die, statt sich selig an uns zu kuscheln, nur eines im Sinn haben: Fressen.

Das Erstgeborene ist die nervensägende Heulboje Wilma alias Frau F. Zunächst war von ihr nur die schleimige kondomartige Umhüllung plus Nachgeburt zu sehen. Paula biß das gemütliche Uterus-Zuhause brutal auf. Wilma alias Frau F. reagierte mit ungläubiger Empörung und paddelte schrill schreiend zur Milchquelle. Schon bald mußte auch Nummer Zwei in die feindliche Welt hinaus. Freundin Heike mutmaßte, es sei ein kleines Weichei, das gegen Wilma alias Frau F. nicht anheulen kann. Doch kaum gesagt, gab das kleine Kerlchen laute Quiektöne von sich. Kein Zweifel: Das ist Oskar, der Quieker.

Nach einer kleinen Pause, in der die zur Waschfrau gewandelte Paula die Neugeborenen ununterbrochen mit der Zunge traktierte, wurde erneut gepreßt. Die von Hülle und Nabelschnur befreite Nummer drei gab keinen Laut von sich und robbte klaglos zu den lockenden Zitzen. Es handelt sich um Willi, den Schweiger. Die junge Mutter erwartet vom Namensgeber und Stadtentwicklungssenator Willfried Maier (GAL) ein angemessenes Geburtstagsgeschenk.

Eigentlich dachten wir, es sei nun vorbei. Plötzlich aber bahnte sich noch ein weiterer kondomverpackter Welpe den Weg nach draußen. Der Seitenscheitel war sofort unverkennbar: der kleine Mirow. Schlau und seine KonkurrentInnen geschickt umschiffend, saß der kleine Mirow schon schmatzend an einer Zitze, als er noch nicht einmal trockengeleckt war. Inspirator, Wirtschaftssenator Thomas Mirow (SPD), kann stolz sein. Willi, der Schweiger, brauchte hingegen Stunden, bis er begriff, auf welche Weise die Milch fließt. Und hat er es sich nun gerade mal gemütlich gemacht, kommt auch schon der kleine Mirow von seitlich unten und drängelt ihn ins Abseits. Willi nimmt's schweigend hin, während Wilma alias Frau F. in solchen Fällen hysterisch schreit. Kurz: Der darwinistische Futterkampf im Wochenbett ist voll entbrannt. Als besondere Gemeinheit wird empfunden, wenn Paula meint, es sei Zeit zum Waschen, obwohl man gerade den Mund voll hat.

Inzwischen hat die genauere Untersuchung der Babies eine Überraschung ergeben: Der kleine Mirow ist in Wahrheit ein Mädchen. sim

Foto: Henning Scholz

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen