Sind Sie beschäftigt?
: „Meine Familie ist mein Leben“

■ Die 45jährige Heidi Schermann ist eine „Glucke“. Nach eigener Tochter und Pflegekindern hat sie ein Kind aus Ghana adoptiert. „Andere streben vielleicht etwas Höheres an. Ich nicht.“

In Berlin gibt es 267.000 Arbeitslose, nur vierzig Prozent leben von Erwerbsarbeit. Doch auch wer keinen Arbeitgeber hat, ist nicht ohne Arbeit. Die taz fragt deshalb: „Sind Sie beschäftigt?“

Die 45jährige Heidi Schermann: Schon von klein an wollte ich mit Kindern zu tun haben. Man ist zu Hause, man kann seinen Tagesablauf selbst gestalten, die Kinder spielen ja auch mal alleine. Jetzt arbeite ich nicht, wegen meiner Adoptivtochter. Sie ist drei Jahre alt und kommt aus Ghana. Unterbewußt hat sie die Trennung im Alter von einem Jahr wohl schon gemerkt. Erst wenn sie das psychisch verkraftet und in den Kindergarten gehen kann, hoffe ich, dem Arbeits

markt zur Verfügung zu stehen. Bevor wir sie adoptiert haben, war ich Tagesmutti. Davor habe ich jahrelang Löterin gemacht. Andere sagen, Leiterplatten löten ist eine blöde Arbeit. Ich habe das gerne gemacht.

Dann habe ich eine eigene Tochter großgezogen, ein Pflegekind gehabt und 1989 geheiratet. Dann war ich drei Jahre Tagesmutter. Wir haben so viel Spaß dran gehabt, daß ich entschieden habe, Tagesmutti zu bleiben. Das war dann aber vorbei, weil wir illegal ein Kind in Pflege genommen hatten, was ich nicht wußte. Wir wollten einer schwarzen Frau aus einem Asylantenheim helfen.

Dann haben wir das mit der Adoption gemacht. Das Problem ist, daß wir jetzt einen ganz schlimmen finanziellen Engpaß haben, weil die Flüge und der Anwalt viel Geld gekostet haben. Meine Adoptivtochter beschäftigt mich rund um die Uhr. Jetzt will ich versuchen, etwas als Tagesmutti im privaten Bereich zu machen. Ich bin eine Glucke und komme damit gut klar. Nun bin ich inzwischen auch noch Omi geworden. Für mich ist das größte Glück mein Kind. Meine große Tochter ist ja nicht mehr so eng mit mir. Ich habe eine tolle Ehe. Meine Familie ist mein Leben. Andere streben vielleicht etwas Höheres an. Ich nicht. Barbara Bollwahn

Die Serie endet morgen mit einem Interview