Unterm Strich

Das Palais du cinéma ist gestorben. Es lebe das Maison du cinéma! So reagierte Libération auf die Entscheidung der französischen Kulturministerin Catherine Trautmann, die Cinémathèque française und die Bibliothèque du film (Bifi) mit ihren 15.000 Büchern, 800.000 Fotos und 35.000 Filmplakaten zukünftig im American Center zu beheimaten. 14 Jahre Versprechungen, Diskussionen und Rücknahmen von Versprechungen brauchte es, bis die Entscheidung jetzt fiel.

Die Idee des Palais du cinéma stammt selbstverständlich aus den 80er Jahren. Sie gehörte zu den Grand Projets der Regierung Mitterrand – wie die Bastille-Oper oder der Grand Louvre. Jack Lang, damals Kulturminister, hatte 1984 den Vorschlag gemacht, daß die Cinémathèque française aus dem Palais de Chaillot am Eiffelturm in das nahe gelegene Palais de Tokyo umziehen sollte. Dringlicher als dieser Umzug waren allerdings die anderen Projekte.

Doch die Zustände im alten Haus wurden immer unhaltbarer. 1995 verklagte das Komitee zur Rettung des Museums Henri Langlois (der 1936 die Cinémathèque gegründet hatte) die Cinémathèque unter ihrer aktuellen Leitung, Langlois' Erbe in seinem ursprünglichen Zustand wiederherzustellen. Die Institution ist noch immer ein privater Verein, der vom Staat mit lächerlichen 22 Millionen Franc im Jahr unterstützt wird. Ende letzten Jahres entschied das angerufene Gericht im wesentlichen zugunsten des Komitees. Dann warf Jacques Chirac einen begehrlichen Blick auf das Palais du Tokyo, weil er dort sein Musée des Arts Premiers („Museum des Menschen, der Künste und der Zivilisationen“) unterbringen möchte, und daher verkündete Catherine Trautmann im Februar dieses Jahres, daß das Palais du Tokyo keine Option mehr für die Cinémathèque sei.

Da es zuvor, im Juli 1997, einen Brand im Palais de Chaillot gegeben hatte, der zur Schließung des Filmmuseums führte und die Cinémathèque mit ihren Filmreihen und Retrospektiven zwang, auf die freundschaftliche Geste eines Kinobesitzers zurückzugreifen, der ihr einen Saal zur Verfügung stellte, bahnte sich ein veritabler Skandal an. Der scheint nun mit der Entscheidung für das American Center vermieden. Allerdings ist auch die Geschichte dieses Baus von Frank O. Gehry, dessen Guggenheim Museum in Bilbao zuletzt für Aufsehen sorgte, nicht ohne Skandal. Im Juni 1994 in Anwesenheit von Hillary Clinton eröffnet, schloß es schon 20 Monate später seine Türen, weil der Unterhalt des Hauses die amerikanischen Sponsoren überforderte. Seither steht das Haus mit seinen 18.000 qm Nutzfläche mit Theater, Kino und Konzertsälen leer. Angeblich regnet es schon durchs Dach. Es dürfte also noch bis zum Jahr 2000 dauern, bis es neu renoviert seine Pforten als Maison du cinéma wieder eröffnet.bw