■ Die CSU unterbreitet neue ausländerpolitische Verschärfungen
: Freyer und schöner hubern

Die gute Nachricht: Der CSU fällt nicht mehr viel ein, um ihren Stimmungsabschwung aufzuhalten. Die schlechte Nachricht: Ihr fällt immer das gleiche ein, nämlich das Schüren dumpfer Ressentiments gegen Asylbewerber und sogenannte AusländerInnen. Nach der Sippenhaftung nun also die Parole „Ausländer sollen Deutsch lernen“. Im Gegensatz zu bayerischen Stammtischbrüdern können Nichtdeutsche hierzulande ja bekanntlich nicht deutsch sprechen. Ihre Kinder gehen nicht zur Schule, absolvieren keine Lehre, und studieren können sie ja auch nicht, oder?

Je näher der Wahltermin rückt, desto voller werden offensichtlich die Hosen der CSU-Spitze, und desto weniger werden ihre Parolen von Sachkenntnis getrübt. Wenn es nicht so ernst wäre, könnte man die hohlen Sprüche einfach liberal umdeuten: Die CSU will, daß alle Nichtdeutschen Deutsch lernen? Wunderbar, sie will also Mittel für Sprachkurse bereitstellen! Ein einheitliches europäisches Asylrecht und dabei eine Angleichung der Sozialleistungen? Klasse Idee: Wir sorgen mit einem einheitlichen europäischen Asylrecht dafür, daß international gültige Menschenrechts- und Flüchtlingskonventionen nicht mehr unterlaufen werden! Eine gleichmäßige Verteilung der Asylbewerber auf die EU? Warum nicht, wenn dadurch sichergestellt würde, daß mehr Menschen als bisher davor bewahrt werden können, ihren Peinigern ausgeliefert zu werden! Die CSU liefert mit ihren Worthülsen ungewollt die richtigen Stichworte für eine grüne Reformpolitik. Man muß nur die richtigen Inhalte hineinfüllen.

Dies passiert leider nicht. Die Stimmungsmache der CSU hat dazu beigetragen, daß liberale Selbstverständlichkeiten immer weniger gelten. Auch PolitikerInnen außerhalb der CSU halten dem Druck nicht mehr stand und befürworten verfassungswidrige Maßnahmen wie Sippenhaftung oder die Koppelung des Familiennachzugs an einen gesicherten Unterhalt.

Es ist tröstlich, daß es einigen CSU-Menschen an der Basis langsam peinlich wird, was unter dem hohen C alles an geistiger Brandstiftung läuft: Tief in der bayerischen Provinz überklebten kürzlich Mitglieder der Jungen Union Plakate eines CSU-Direktkandidaten mit einer Entschuldigung an die ausländischen MitbürgerInnen. Der CSU-Mann hatte mit der Parole „Doppelte Staatsbürgerschaft – mit mir nicht!“ für sich geworben. Kurz und knapp: Die CSU-Oberen sollten nicht nur Deutsch sprechen, sondern auch lesen lernen. Als Einstiegslektüre empfiehlt sich das Grundgesetz – während der Auszeit in der Opposition. Özlem Isfendiyar

Bundestagskandidatin der Grünen im Wahlkreis Reutlingen