Fauler Kompromiß um Aborigines-Landrechte

■ Australiens Senat beschränkt Rechte der Ureinwohner, um Neuwahlen zu verhindern

Berlin (taz) – Mit 35 zu 33 Stimmen hat der australische Senat gestern in Canberra das von der Regierung im dritten Anlauf in nur leicht abgeschwächter Form vorgelegte Landrechtsgesetz gebilligt. Das sogenannte Wik-Gesetz schränkt die Möglichkeiten der Ureinwohner ein, nach denen sie Rechtsansprüche auf traditionelle Gebiete anmelden können, die vom Staat an Bauern oder Bergbaufirmen verpachtet sind. Führer der Aborigines reagierten mit Empörung, sprachen von Verrat und drohten mit einer Klage vor dem Obersten Gericht.

Der Streit um das Landrechtsgesetz spaltet seit Monaten die australische Nation. Galt in der Rechtsprechung bis 1992 der Kontinent bei der Ankunft weißer Sträflinge und Siedler im Jahr 1788 als unbewohnt, so erkannte der Oberste Gerichtshof in zwei Entscheidungen 1992 und 1996 die Ansprüche der Aborigines parallel mit denen der heutigen Landnutzer an. Damit bekamen die 390.000 australischen Ureinwohner Zugangsrechte zu ihren religiösen Stätten, Jagdrechte, Durchgangsrechte sowie das Recht auf finanzielle Entschädigung für rund 40 Prozent des australischen Territoriums. Bauernverbände und die Bergbaulobby liefen dagegen Sturm. Sie argumentierten, die Gerichtsentscheidungen schafften Rechtsunsicherheit und verhinderten milliardenschwere Investitionen. Dabei verschwiegen sie allerdings, daß im Konfliktfall die Rechte der Nutzer ohnehin denen der Aborigines vorgingen.

Die konservative Regierung von Premier John Howard hat im Senat anders als im Unterhaus keine Mehrheit, sondern ist auf die Stimmen von Unabhängigen angewiesen. Der unabhängige Senator Brian Harradine hatte vor der Abstimmung mit der Regierung einen Kompromiß ausgehandelt, der eine leichte Abschwächung des Gesetzes beinhaltet.

Harradine sagt, er habe damit der Nation einen rassistischen Wahlkampf erspart. Die gestrige Verabschiedung des Gesetzes verhinderte die von der Regierung angekündigten vorgezogenen Neuwahlen, bei denen Umfragen zufolge die von Pauline Hanson geführte rechtsradikale One Nation Partei deutlich Stimmen gewinnen würde. Diese könnte damit zu einem Zünglein an der Waage werden. Die Partei, die gegen Aborigines und asiatische Einwanderer zu Felde zieht, bekam im Juni bei den Wahlen im Bundesstaat Queensland 23 Prozent der Stimmen.

Die Howard-Regierung hat sich von der rassistischen Stimmungsmache Hansons bisher nur halbherzig distanziert. Sprecher asiatischer Einwanderer werfen Howard vor, die One Nation Partei selbst erst salonfähig gemacht zu haben. Auch jetzt könnte das neue Landrechtsgesetz One Nation in die Hände spielen und dafür sorgen, daß Australiens rechtes Wählerpotential statt der Howard-Kopie lieber gleich das One-Nation- Original wählt. Zwar konnten jetzt vorgezogene Wahlen verhindert, doch spätestens bis zum kommenden Mai muß ohnehin gewählt werden. Sven Hansen