Traum vom Rikscha-Taxi

■ Mit Muskelkraft und drei Rädern: Bremens Rikscha-Unternehmer Thorsten Überfeld schickt sein erstes Velotaxi ins Rennen /Künftig auch mit unsportlichem Elektromotor

„Höhöhö“ ruft die Schülerbande, und ein einsameiliger Herr steht und glotzt wie ein Auto. Als seltener Rikscha-Fahrgast können Mensch, Tier und Gepäck über Aufmerksamkeit nicht klagen – aber vielleicht ändert sich das ja in Zukunft.

Seit heute nämlich heißt das Rikscha-Taxi in Bremen Velotaxi. Und Thorsten Überfeld, der Chef, sagt: „Dies ist kein Jux mehr“. Fünf Jahre hat er in seinen indonesischen Rikschas junge und silberne Brautpaare durch die Stadt gestrampelt – nun will er daraus ein richtiges Geschäft machen: Das Velo als Taxiersatz.

„Nein“, sagt Thorsten Überfeld: „Nicht Ersatz, Ergänzung. Wir machen das, was die Taxifahrer nervt.“ Die Kurzstreckenfahrten nämlich – für drei Mark pro Kurzstrecke, und wer sich von Zuhause abholen läßt, zahlt nochmal drei Mark drauf. Alles andere ist Verhandlungssache. Erstmal sollen die Oberschenkel von Fahrer Chrisophe für ihre 620 Mark Lohn sowieso nur im Sechskilometer-Radius rund um die Rikschagarage an der Fahrradstation (im Rücken der ausgelagerten Kioske links neben dem Kiosk) arbeiten.

Vielleicht ändert sich das, wenn die Velotaxis hier richtig ins Rollen kommen. Denn bei dem einen Gefährt soll es nicht bleiben, das läuft jetzt drei Monate auf Probe, bevor Thorsten Überfeld ab dem 1. September „mit fünf, sechs Fahrzeugen“ richtig loslegen will. „Toi, toi, toi!“, möchte man ihm da zurufen, denn noch gibt es Startschwierigkeiten. Die 10.000 Mark für den ersten Hightech-Komfortrenner aus Edelstahl und Alu mit Siebengang, Kinder-Sicherheitsgurten und Standlicht hat er sich noch selber zusammengespart. Für einen unternehmerischen Blitzstart aber fehlt das Geld.

Die Stadtsparkasse hat abgewunken: „Die haben unser komplettes Konzept mit Betriebsrechnung und Umsatzerwartung. Aber denen war das wohl zu riskant.“ Damit war der Traum vom Existenzgründungsdarlehen geplatzt, und auch der verlockende Großkunde Haribo sprang Überfeld zuletzt noch von der werbeträchtigen Heckfläche seiner eigens für Bremen entwickelten Dreiräder: „Die wollten gleich mit zweihundert, dreihundert Taxis starten“, stöhnt der Jungunternehmer. Und Sat1 oder Saturn hatten „kein Interesse.“

Dabei hatte der Bremer als leuchtendes Beispiel Herrn Matuschek mit seinem Berliner Velotaxi-Unternehmen. „Die sind gleich mit 30 Fahrzeugen gestartet.“ Aber eben mit so potenten Kunden wie Esprit oder Philipps: „Die zahlen monatlich 5.000 Mark“ für jeden wackelnden Rikscha-Rücken auf dem Kudamm und Unter den Linden. Mit diesem Geld könnte Überfeld sogar noch einen ganz anderen Traum verwirklichen: Das erste Hybrid-Fahrrad-Taxi der Welt mit einem kleinen solargetriebenen Elektromotor in der Radnabe, die die Muskelkraft unterstützt.

Ein realistischer Traum, findet Überfeld bei den gerade mal 3.000 Mark mehr in der Anschaffung. Und zumindest der Herr Kohlstruk beim Verkehrssenator sei „ein ganz feiner Mensch“, mit dem man ganz unbürokratisch sogar über Halteplätze und extra Rikschaspuren für die luftige Taxiflotte reden könne. Erstmal donnert diese jetzt mit ihrem Prototypen probeweise auf Busspuren und Radwegen am Innenstadtstau vorbei. ritz

Die Funkzentrale des Velotaxis ist täglich von 10 bis 23 Uhr unter Tel. 1690100 zu erreichen