Antworten auf Letzte Fragen

Warum reißen Schnürsenkel immer, wenn man es eilig hat, und woher wissen sie, daß man's eilig hat? (4.7.98)

Der Schnürsenkel ist kraft seines Wesens ein gutmütiges Ding. Geduldig zieht und windet er sich bei jedem Wetter, zu jeder Jahreszeit, um unsere – oft doch scheußlich stinkenden – Füße und kennt trotz aller Qual nur ein Ziel: mit aller Kraft zu halten, was es zu halten gilt. Haben sie uns hierbei je im Stich gelassen? Ist Ihnen während eines Spaziergangs je ein Schnürsenkel gerissen? Nein.

Der einzige Grund, warum Schnürsenkel reißen, ist der, daß derjenige, der den Umgang mit diesen zu verantworten hat, einfach nicht geduldig, gewissenhaft, pfleglich genug mit ihnen umgeht. Fragen Sie sich mal, wie Ihr Handeln ausschaut, wenn es durch Eile angetrieben ist!Michael Meier, Bielefeld

Auch Schopenhauer wollte sich einst mit dieser Frage befassen, aber es war ihm die Tinte ausgegangen. Und als sie beschafft war, sprang er mit beiden, unbesenkelten Füßen in die „Welt als Wille und Vorstellung“ und notierte in einer Fußnote zu den „Paralipomena“, daß „Schnürsenkel ihrer Natur gemäß zum Reißen neigen und ein Nachdenken hierüber blöde sei“.Klaus F. Weiss, Nürnberg

Die Antwort auf diese Frage stand auf Seite IX des taz.mag: Es kommt zu einer Aurainterferenz. Zehntausende Geistheiler können nicht irren, und kleine Mädchen haben nie recht. Also ist jeder Mensch von einer Aura umgeben. Da die Aura den Körper als Hülle umgibt, gerät beim Zubinden der Schnürsenkel die Aura der Hände in den Bereich der Fußaura. Bei einer Überlagerung der beiden Auren kommt es zu Interferenzerscheinungen, die sich auf die Struktur aller Gegenstände im Interferenzbereich negativ auswirken. Die Stärke der Aura ist exponentiell vom Streßkoeffizienten des Menschen abhängig. Bei extremem Streß kann die Aura sogar von normalen Menschen wahrgenommen und manchmal sogar gerochen werden. Wenn man es eilig hat, steht man unter Streß und hat eine starke Aura.

Daher werden sich die Interferenzeffekte verstärkt auf die Struktur der Schnürsenkel auswirken. Diese reißen dann nicht, sondern werden durch eine Aurainterferenz durchtrennt. Die Schnürsenkel werden nicht mehr reißen, wenn man sie bei Neumond mit geweihter Alufolie umwickelt.Rolf Steinort, Hamburg

Nun, was viele nicht wissen, ist, daß Schnürsenkel eine Seele besitzen. Diese ist um einiges filigraner als die des meist klumpfüßigen Menschen, der sich diesen Umstand auch noch schamlos zunutze macht. Schnürsenkel wollen aus tiefster Überzeugung einfach nur das zusammenhalten, was zusammengehört. Sie sind bescheiden und verrichten unverdrossen ihren Dienst am Schuh. Dafür gebraucht sie der Mensch, ohne sich groß Gedanken um ihre Empfindungen zu machen.

Was für Qualen erleiden sie, arbeiten sie an einem im Überfluß mit bakterieller Zersetzung gesegneten Fuß! Ist der Mensch nun in Eile, läßt er dem Senkel eine über das gewohnte Maß – Senkel sind sehr leidensfähig – hinausgehende ruppige Behandlung zuteil werden, so daß dieser – in seinem tiefsten Inneren gekränkt – sich in die Abgründe der Schnürung zurückzieht. Was von seinem sonst so kräftigen Charakter zurückbleibt, sind die faserigen, haltlosen Enden in den Klauen seines Folterers. Es ist nun nicht so, daß bereits dieser Rückzug des Senkels in sein Inneres ausreichen würde, unter normalen Umständen zum Senkel-GAU zu führen. Nein, denn jetzt entblößt der Mensch seinen wahrhaft bösartigen Charakter! Seine Schnürsenkelsensoren zeigen ihm an, daß er es mit einem geschwächten und leichten Opfer zu tun hat! Diese Sensoren sind durchaus biologischer Natur, wenngleich die Schnürsenkelsensorforschung noch in den Kinderschuhen steckt. Als soziologischer Beweis mag das dubiose Aufkommen des Klettverschlusses in den durch vielerlei Irritationen gekennzeichneten 80er Jahren und sein ebenso schnelles Verschwinden dienen.

Es ist also von einem starken sensorischen Beziehungsgeflecht Mensch-Schuh –Schnürung auszugehen. Weitere Feldforschungen wären hier allerdings dringend nötig! Die Sensorinformationen werden wahrscheinlich durch irgendeinen Hirnbürzel, der es sich unterm großen Hirnlappen gemütlich gemacht hat, verarbeitet und von dort direkt an das Aggressionszentrum weitergeleitet. Dieses erkennt dann einen leichten Gegner, an dem es sich mal so richtig austoben kann. Der Mensch reißt also absichtlich, und das muß in dieser Deutlichkeit einmal gesagt werden, den geschwächten Schnürsenkel ab, um ihn zu demütigen, sich über ihn aufzuregen und sich selbst dann noch wie Schwarzenegger fühlen zu können.Joachim Stretz, Berlin

Der Wissenschaftler Prof. Dr. S. Senkel vom Institut Schuhverhalten im Alltag promovierte bereits 1985 über dieses interessante Phänomen. In seiner Schrift „Eile mit Weile – Der Schnürsenkel fordert Zeit“ vertritt er die These, die streß- und laufgeplagten Schuhe ermutigten ihre Verbündeten – die Schnürsenkel – zum Streik. Gleichzeitig forderten sie mit dieser Zerreißprobe den Schuhträger zu einem respektvolleren, sanfteren Umgang auf. Ziel der Schuhe sei es, den Schnürer zu einem bewußten Leben ohne Hast zu animieren.Matthias Weiglein, Würzburg

Schnürsenkel reißen 1.) auch, wenn man es nicht eilig hat (nur, daß es uns dann nicht so auffällt), und 2.) hat es der/die, dem/der die Senkel reißen, wenn er/sie's eilig hat, sowieso immer eilig (wann sollten sie also sonst reißen). Grundsätzlicher Tip: Schuhe nicht mehr ausziehen!Karl Hübner, Hamburg

Was passiert mit den getauschten Fußballertrikots nach Spielende? (4.7.98)

Jede Mannschaft bereitet sich auf ein anstehendes Fußballspiel gezielt vor. Dazu gehört einerseits die genaue Analyse der Spieltaktik und der Stärken und Schwächen der gegnerischen Mannschaft anhand von Videoaufzeichnungen. Andererseits aber auch das Nachstellen und Trainieren bestimmter Spielsituationen unter möglichst realistischen Bedingungen. Dazu ist es aber nötig, daß sich im Training ein Teil der Spieler die Trikots der gegnerischen Mannschaft anzieht. Dies erklärt auch, warum sich Neueinsteiger oft erstaunlich gut gegen etablierte Mannschaften durchsetzen. Die Favoriten konnten sich nicht richtig auf das Spiel vorbereiten, weil sie noch keine Trikots der gegnerischen Mannschaft eingesammelt haben. Die Trikots der alten Hasen gibt es jedoch an jeder Ecke zu kaufen.Felix Rauscher, München

Wie heißt die Mehrzahl von Auspuff? (4.7.98)

So wie das Wort Hangar die einzige Übernahme aus dem Norwegischen in die deutsche Sprache ist, so ist das Wort Auspuff die einzige Übernahme aus dem Ägyptischen. Und deshalb wäre es richtig, wenn auch der Plural aus den jeweiligen Ursprungssprachen übernommen würde, nämlich Hangareneren und Auspuffpuff. Im Ägyptischen wird die Mehrzahlform nämlich durch Wortteilverdoppelung gebildet. Beispiel: Mubarak = Kuhstall; Mubarakbarak = Kuhställe.Peter Schleuning, Bremen

Auspuffe. Weniger Mutigen empfehle ich „Auspuffanlagen“ zu sagen!Gerd Neurath, Saarbrücken

Darf man sich jetzt was wünschen beim Anblick einer Sternschnuppe oder nicht? (4.7.98)

Ja, aber man sollte nicht darüber reden. Psssst...Ulrich Jahnke, Berlin

Man darf schon, es nützt aber überhaupt nichts, weil Sternschnuppen direkt danach verglühen. Was kaum jemand weiß, aber ungemein effektiv ist, ist, daß man sich etwas wünschen darf, wenn man eine Wimper verloren hat und sie vom Finger der Person wegpustet, die sie einem aus dem Gesicht gewischt hat. In diesem Fall ergibt sich eine Wunscherfüllungsquote von nahezu 100 Prozent, was daran liegt, daß Wimpern signifikant seltener verglühen als Sternschnuppen. Dabei ist anzumerken, daß man Sternschnuppen auch viel schlechter aus dem Gesicht wischen und wegpusten kann.Nils Kaczenski und Stephanie Schneider, Osnabrück/Braunschweig

Woher kommt das Wort „unwirsch“, und was für ein Gefühl ist es, „wirsch“ zu sein? (27.6.98)

Das Wort „unwirsch“ ist die fossile Erinnerung der deutschen Sprache an den 1899 verstorbenen Erfinder des Benzinmotors Karel Bienenbach, der die Fertigstellung seines ersten Prototyps 1865 mit einem derartigen Saufgelage feierte, das nur dürftige Mengen seines Verstandes übrig ließ. Sein wirres Auftreten am Folgetag verwunderte die Dorfbewohner noch, seine später folgende Ankündigung, er habe einen künstlichen Vogel gebaut, der fliegen und singen könne, machte ihn zum Gespött des Landkreises.

Seine zum Beweis gestartete Rotor- Motor-Konstruktion landete unter dem Gegröle des Publikums mit stotterndem Motor in der Mitte eines Sees, was die Bevölkerung zu dem Running Gag veranlaßte, Fluggeräusche mit anschließender Wasserung zu imitieren, also in etwa „wrwrwrwrwsch!“ Die Verbindung der Lautfolge mit einem heiteren Grundgefühl ließ später den Ausdruck „wirsch“ für „gut drauf“ entstehen, von dem bis heute allerdings nur die Negativform mit bekannter Bedeutung erhalten blieb.

Karel Bienenbach gehört im übrigen zu den tragischen Gestalten der Geschichte, denen die ihnen gebührende Anerkennung der Weltöffentlichkeit bis heute versagt blieb. Die spätere Ehrung seiner unehelichen Brüder N.A. Otto und O.K. Benz verwand er nie.Till Specht, Göttingen

Natürlich von Kalle Wirsch. Der war, wie man weiß, König der Erdmännchen und konnte mit Umsicht und der den Erdmännchen eigenen Fröhlichkeit mit Unbillen (auch so ein Wort!) und Gefahren umgehen. Unwirsch ist also jemand, dem diese Umsicht fehlt, er wird schnell sauer und steht eher neben sich als über den Dingen. Wirsch sein ist schöner.Britta Köllner, Wildeshausen

Warum ist bei Fahrrädern häufiger der Hinterreifen platt als der Vorderreifen? (13.6.98):

Aus dem gleichen Grund wie bei Motorrädern, Autos, Krankenfahrstühlen, luftbereiften Pferdeanhängern etc.: Weil potentiell reifenperforierende Gegenstände auf der Fahrbahn (Beispiel Nagel) zunächst flach und vergleichsweise harmlos daliegen. Das darüberrollende Vorderrad des Fahrrades (oder Motorrades, Autos, Krankenfahrstuhls...) schleudert diesen Gegenstand hoch, so daß es das Hinterrad überproportional häufig mit der Spitze oder anderen, sonst flach auf der Fahrbahn liegenden Teilen zu tun bekommt. Übrigens wird auch in diesem Fall Murphy's Law fehlgedeutet: Es besagt nicht, daß immer oder auch nur überproportional häufig der ungünstigste denkbare Fall eintreten wird, sondern nur, daß dieser irgendwann eintreten wird (“whatever can fail will eventually do so“); übertragen auf das Fahrradbeispiel heißt das lediglich, daß

a) eine Reifenpanne sich irgendwann ereignen wird (Konsequenz 1 aus Murphy's Law: Flickzeug dabeihaben) und

b) in einer beliebig langen Serie von Pannen irgendwann einmal das Hinterrad betroffen sein wird (Konsequenz 2: Werkzeug zum Hinterradausbau dabeihaben).Dr. Hartmut Buhck

Wieso parkt man leichter rückwärts ein als vorwärts? (13.6.98)

Weil der Wendekreis der Hinterräder beim Rückwärtsfahren erheblich kleiner ist als der Wendekreis der Vorderräder beim Vorwärtsfahren. Beim Rückwärtsfahren beschreiben die Hinterräder einen Kreis, der um einen berechenbaren Bruchteil des Radius (ergibt sich aus maximalem Lenkeinschlag, Radstand und Spurbreite) innerhalb des Wendekreises der Vorderräder liegt; beim Vorwärtsfahren decken sich die Spuren mehr oder weniger. Die Hinterräder lassen sich daher „hautenger“ um Hindernisse herummanövrieren als die Vorderräder. Empirischer Beweis: Hat schon jemals jemand gesehen, daß ein Lkw-Fahrer sein Fahrzeug vorwärts in eine enge Einfahrt manövriert? Na also.Dr. Hartmut Buhck

Warum heißt der Paternoster Paternoster? (6.6.98)

Weil er sich langsam, rhythmisch und gleichförmig, dabei auf eine meditative Weise unaufgeregt am ruhenden Betrachter vorbeibewegt und dabei die Assoziation von goldbetreßten, geistesabwesend leere Phrasen vor sich hinmurmelnden Papisten weckt. Wäre dieser Aufzug in Tibet erfunden worden, hieße er gewiß „¿/*/*®“ (tibetisch für: Gebetsmühle), hätte man ihn im Iran erfunden, wahrscheinlich „Sure“.Dr. Hartmut Buhck