DAG versinkt in Dummheit

■ Ein harmloser Wahl-Brief der DAG an alle Mitarbeiter der Stadtwerke – aber wie kam die Gewerkschaft an all die Adressen? Eine wahrhaft unglaubliche Ausrede

Im schönen Juni bekamen die Mitarbeiter der Stadtwerke in ihre Briefkästen zu Hause Post von der DAG. Das Wahlkampfteam der DAG stellte sich den „lieben Kolleginnen und Kollegen“ vor, Paßfotos der weniger fotogenen Herren Kandidaten waren da zu sehen und auch ein Muster für das Wahlkreuz.

Dieser Brief hat „zu einer großen Anzahl von Nachfragen geführt“, mußte die DAG wenige Tage später einräumen. „Wir haben diese Aktion (die Verschickung des Briefes, d.Red.) aus dem Glauben heraus entwickelt, um alle Mitarbeiter über die Kandidaten der DAG nochmals zu informieren“, erklärt sich das „DAG-Wahlkampf-Team“ in peinlichem Deutsch, und dann kommt es: „Wir haben die durchgeführte Aktion in der Euphorie (??) leider nicht unter dem Gesichtspunkt betrachtet, daß hier ein Verstoß gegen das Datenschutzgesetz vorliegen könnte. Wir bitten Sie um Entschuldigung, wenn diese Vorgehensweise zu Mißverständnissen geführt haben sollte.“

Wie die DAG an die Adressen gekommen war, das wurde zur Frage der Fragen. Ganz einfach, erklärte der örtliche DAG-Sekrtetär Werner Klimm gegenüber der taz: Keineswegs sei es so, daß die DAG-Betriebsräte die im Betriebsratsbüro liegenden Adressen der Mitarbeiter einfach genommen und die Wahlkampf-Briefe dann verschickt hätten, nein, die DAG-Betriebsräte hätten die Wählerlisten genommen, die ja öffentlich zugänglich sind, und hätten dann „in mühseliger Kleinarbeit“ aus einer „Diskette“ die Adressen zu den Namen ergänzt. Und wenn dann ein „M.Müller“ aufgetaucht sei, was bei den Stadtwerken gleich zweimal der Fall ist, habe man aus den Kenntnissen der Vertrauensleute der DAG kombiniert, in welchem Stadtteil der eine und der andere „M.Müller“ der Stadtwerke wohnt und welche Adresse infolgedessen die richtige sein könnte. So seien die Adressen „in mühseliger Kleinarbeit“ zusammengekommen, versichert Klimm, „handgestrickt, mehr war das nicht“.

Das kann nun der eine M. Müller, der den Vorgang der taz zugeschickt hat, überhaupt nicht glauben. Für so einfältig und fleißig hält er seine DAG-Gewerkschafter nicht, obwohl der oberste Sekretär zu glauben scheint, es gebe „Disketten“ mit den Adressen. Aber schon möglich, daß unter den sieben einer ist, der ein CD-Rom-Laufwerk zu bedienen weiß. Aber „das Wahlbüro ist gleichzeitig das Betriebsratsbüro“, weiß M. Müller. Daß die treuen DAG-Leute im Betriebsratsbüro alias Wahlbüro vor dem Schrank gesessen haben, in dem die Adressen gedruckt liegen, und stundenlang nach Abgleich mit den Kenntnissen der Vertrauensleute 2.500 Anschriften aus der CD-Rom gezogen haben sollen, das mag Herr M. Müller nicht glauben. Das würde ja nur Sinn machen, wenn dem DAG-Wahlkampfteam das Datenschutzproblem sehr bewußt gewesen wäre. Die Entschuldigung, daß man „in der Euphorie“ (welcher?) nicht so daran gedacht habe, daß ein Datenschutzproblem vorliegen könnte, verträgt sich mit der Theorie der mühseligen Kleinarbeit nicht.

Was nun? Wenn die DAG-Leute sich offiziell an die Personalabteilung gewendet hätten mit dem Anliegen, „dann hätte man selbstverständlich einen Weg gefunden“, Information ist doch erwünscht, findet der Personal-Vorstand der Stadtwerke, Willipinski. Wenn der DAG-Chef das gewußt hätte, wäre ihm eine peinliche Geschichte erspart geblieben. K.W.