■ Bundesrat fordert Gesetz zur Gleichstellung homosexueller Paare
: Mehr als nur ein Symbol

Gerhard Schröder mag der Garant des wirtschaftlichen Aufschwungs sein oder nicht. Im Falle eines Wahlsieges jedoch wird der SPD-Kanzlerkandidat zum Garanten einer rechtlichen Gleichstellung für Lesben und Schwule. Denn unter anderem auf Initiative Niedersachsens hat der Bundesrat gestern einem Antrag zugestimmt, der die künftige Bundesregierung auffordert, ein Rechtsinstitut „Eingetragene Partnerschaften“ einzurichten.

Ja, der Antrag Niedersachsens und Schleswig-Holsteins ging sogar noch über den gestern in der Ländervertretung mehrheitlich angenommenen Antrag aus Hamburg hinaus. Die Niedersachsen unterbreiteten explizite Vorschläge darüber, welche Gesetze im Sinne einer Gleichstellung von Lesben und Schwulen geändert werden müssen. Insgesamt handelt es sich um 700 Gesetze, und allein an dieser Zahl wird klar, wie überfällig eine Überarbeitung der Rechtsgrundlagen ist.

Denn ob es Moralisten paßt oder nicht – Homosexualität ist normal. Einen Menschen gleichen Geschlechts zu lieben ist weder eine Krankheit noch eine Perversion, sondern die freie Entscheidung freier Bürger. An einem frei entfalteten Leben werden lesbische und schwule Paare in diesem Land aber bislang gehindert. Rechte, die jedem heterosexuellen Bürger automatisch zustehen, gelten für sie nicht. Jüngstes Beispiel dieser antidemokratischen Haltung ist die Ablehnung eines veränderten Mietrechts durch die Koalition von CDU/CSU und FDP im Bundestag. Das novellierte Mietrecht hätte es Schwulen und Lesben ermöglicht, nach dem Tod ihrer Partner in der gemeinsamen Wohnung zu bleiben. Für heterosexuelle Überlebende einer Ehe ohne Trauschein ist dies Normalität.

Die Entscheidung des Bundesrates mag wie ein Symbol ohne bindende Kraft erscheinen. Doch seit Gründung dieser Republik vor 49 Jahren warten Homosexuelle auf ein politisches Signal dieser Art. Die Politiker der meisten Bundesländer haben nun die Problematik der Ungleichheit verstanden. Und sie trauen sich angesichts von Wählerstimmen, ein derartiges Signal zu geben.

Das zeigt, daß die heterosexuelle Mehrheit bereit ist, mit den schätzungsweise zehn Prozent lesbischen und schwulen Bürgern dieses Landes Rechte und Pflichten zu teilen. Insofern kam gestern kein leiser Triller aus dem Bundesrat, sondern ein Fanfarenstoß zum Aufbruch in eine gerechtere Zukunft. Ulrike Fokken