■ Streit um „politisches Mandat“
: Studis ohne Maulkorb

Emil Carlebach hat zweimal erleben müssen, wie verbotenes Schrifttum bestraft wird: 1934 steckte ihn ein deutsches Gericht für drei Jahre ins Gefängnis, weil er im Widerstand gegen Hitler antinazistische Zeitungen verteilt hatte. Im November 1995 mußte der Studentenausschuß (Asta) der Uni Münster 500 Mark Strafe bezahlen, weil er ein Interview mit dem KZ-Insassen Carlebach im Semesterspiegel abdruckte. Das sei eine „inhaltlich wertende Auseinandersetzung mit dem Studienfach“, urteilten die Münsteraner Verwaltungsrichter. Das stehe dem Asta nicht zu.

Gegen diese Form von „Zensur“ wenden sich nun in einer bundesweiten Kampagne Studentenvertretungen verschiedener Universitätsstädte. In Bremen, Berlin, Münster, Bielefeld und Postdam sind die Studi- Vertreter von einer Klagewelle konservativer Kommilitonen überzogen worden. Grund: Die Asten hätten kein „politisches Mandat“, dürften sich also nicht zu politischen Themen äußern, die außerhalb der Hochschule liegen. Inzwischen gehen die Kläger darüber hinaus, Asta- Erklärungen zu kriminalisieren. In Berlin bezahlen Studis gerade 5.000 Mark dafür, daß sie eine Asyl-Veranstaltung nur ankündigten. Die Studierendenvertreter pochen auf ihren Auftrag der politischen Bildung. Und fordern, das „politische Mandat“ ins Hochschulrahmengesetz zu schreiben – damit den Klagen der juristische Boden entzogen ist. cif

asta@uni-muenster.de