Gefangen in der Deflationsspirale

■ Japans Regierung hat mit ihren teuren Konjunkturprogrammen außer Defiziten nichts erreicht. Die USA und die EU drängen die Japaner, endlich ihre Wirtschaft zu deregulieren

Berlin (taz) – Zweimal nur hat sich der glücklose japanische Ex- Premier Ryutaro Hashimoto entscheidungsfreudig gezeigt. Einmal, als er im letzten Jahr die Steuern anhob und die Staatsausgaben kürzte – und damit sein Land vollends in die Depression schickte. Und dann noch einmal gestern, als er seinen Rücktritt wegen der Niederlage seiner Partei bei den Oberhauswahlen erklärte. „Die Ergebnisse sind auf meine Unfähigkeit zurückzuführen“, beging er anschließend verbales Harakiri.

Der Zustand der japanischen Wirtschaft läßt sich inzwischen durchaus mit dem Begriff Deflation beschreiben. Die Produzentenpreise sinken, und die Immobilienpreise fallen ins Bodenlose. Mit den Preisen schrumpfen die Unternehmensgewinne. Die Arbeitslosigkeit wächst, die ängstliche Bevölkerung gibt immer weniger Geld aus, sondern spart trotz halbherziger Steuersenkungen, was sie kann. Sinkende Nachfrage wiederum drückt weiter auf die Preise und so fort.

Im ersten Quartal dieses Jahres schrumpfte das Bruttoinlandsprodukt um 5,3 Prozent. Die Zinsen liegen bei nur einem halben Prozent, so daß Zinssenkungen zur Konjunkturbelebung praktisch nicht mehr möglich sind. Vor allem die USA, die um ihre eigene Wirtschaft und vor allem ihre Börse fürchten, bedrängten Hashimoto immer stärker, etwas für seine Wirtschaft zu tun, und griffen dabei sogar gegen die vorherrschende Ideologie auf keynesianische Politik zurück: Die Regierung solle gefälligst noch mehr Schulden machen und Geld in die Wirtschaft pumpen.

Und so legte Hashimotos Regierung tatsächlich eine ganze Reihe von Konjunkturprogrammen auf, das letzte und mit 232 Milliarden Mark bislang größte im April. Doch lokale Politiker haben erfolgreich das staatliche Geld in ihre jeweilige Region geschleust, etwa für mehr überflüssige Dämme und Tunnel.

Statt einmaliger Geldspritzen solle die Regierung endlich die Wirtschaft deregulieren, fordern nun die USA und die EU. So hat zum Beispiel die Deregulierung des japanischen Mobilfunkmarktes 1994 zu einer Verzehnfachung des Handyverkaufs geführt. Die unter staatlicher Aufsicht kartellmäßig organisierte Bauwirtschaft zu deregulieren, könnte die Baupreise in Japan nach EU-Schätzungen halbieren und zu einem wahren Bauboom führen.

Hashimoto wollte immerhin nach den Wahlen den Finanzsektor liberalisieren und die von ungedeckten Krediten in Höhe von 600 Milliarden US-Dollar gepeinigten Banken sanieren. Diese Bemühungen sind jetzt erst einmal unterbrochen. Nicola Liebert