Viel Weihrauch und warme wahre Worte

■ Schmidt und Giscard d'Estaing bringen wie vor 20 Jahren Glanz in Bremens gute Stube

Wenn „elder Statesmen“ zusammenkommen, dann beweihräuchern sie gerne ihre Verdienste. So war das auch am Montag abend im Bremer Rathaus, als sich Frankreichs Ex-Präsident Valéry Giscard d'Estaing und Deutschlands Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt von 250 wichtigen Gästen als Väter des Europäischen Währungssystems (EWS) und damit auch als Großväter des Euro feiern ließen: Wie sie mit nur zwei Beratern die europäische Währungsordnung ausgeknobelt und damit den kriselnden europäischen Eingungsprozeß gerettet haben; und wie sie es dann beim Europäischen Rat in Bremen anno –78 den anderen Regierungschefs das EWS schmackhaft gemacht haben – ein diplomatisches Meisterstück.

Alt-Bürgermeister Hans Koschnick würdigt den Beitrag Bremens zur europäischen Geschichte: In großen Hauptstädten verschwinden die Delegationen immer in ihre Botschaften. Zum Glück gibt es die nicht in Bremen, also mußten alle zusammenbleiben. Das Echo auf die Bremer Verhandlungserfolge war excellent. „Hätten wir das in Werbung finanzieren müssen, wäre das teuer geworden“, so Koschnick.

Aber zum Glück sind der ehemalige französische Staatspräsident und der deutsche Alt-Bundeskanzler noch fit genug, sich nicht nur im Glanz der Vergangenheit zu sonnen: Von sämtlichen politischen Rücksichtnahmen befreit, können sie munter Wahrheiten aussprechen (siehe Seite 8). So wie Helmut Schmidt. Der rügte unter tiefen Zügen aus seiner Zigarette die Regelungswut der EU-Ministerräte „von den Bananen bis zur Zigarettenreklame“. „Lauter Wichtigtuer, Staatssekretäre oder Ministerialdirigenten“ führen nach Brüssel und „beschließen irgendeinen Unsinn“, den sie zu Hause nicht durchsetzen könnten. Solche Leute sollten vor dem Europäischen Parlament öffentlich „zur Sau gemacht“ werden, polterte der Altkanzler. Monsieur Giscard schwieg vornehm. jof