■ Surfbrett
: Die Lobby der Biotechniker

Wenn die Nachrichtenagenturen über den Segen der Biotechnik berichten – und das tun sie jede Woche –, steckt häufig ein Verein dahinter, den fast niemand kennt. Er heißt „Deutsche Gesellschaft für Chemisches Apparatewesen, Chemische Technik und Biotechnologie e.V.“, abgekürzt DECHEMA, sitzt in Frankfurt am Main und liefert Experten und Argumente aus der Retorte. Die Lobby ist auch im Web unter www.dechema.de/homeger.htm zu studieren. Ihre Verbindungen reichen tief hinein in Brüsseler Bürokratie, an den umfangreichen Adressen- und Namenslisten läßt sich das weitverzweigte Geflecht der Einflußsphären ablesen. In aller Regel tragen die Funktionäre beachtliche akademische Grade; weil der Verein jedoch selbst keinen Profit anstrebt, ist der Interessenkonflikt zwischen Forschung, Lehre und Geschäft leicht zu bewältigen. Niemand schämt sich hier der offensichtlichen Einseitigkeit der Information, die als reine Wissenschaft auftritt – allein deswegen schon ist diese Website eine Pflichtlektüre für Kritiker der Biotechnik. Überaus nützlich ist außerdem eine gut programmierte Karte der biotechnischen Firmen in Deutschland (www.dechema .de/deutsch/isb/firmen/sme.htm). Überraschend liegt das sonst so marode Berlin mit 34 Firmen an der Spitze, gefolgt von München (29 Firmen). Ebenfalls überraschend liegt Freiburg auf Platz drei (20 Firmen). Die Vermutung, daß diese auffällige Ballung der biotechnischen Industrie in der ökologischen Musterstadt Deutschlands mit dem Umweltschutz zu tun habe, ist falsch. Biotechnischer Umweltschutz ist nur eines der vielen Propagandaargumente der Lobby, für die Industrie spielt er eine Nebenrolle. Mit Umweltschutz beschäftigen sich in Deutschland nur 19 Biotechnikfirmen, 5 davon sitzen in Berlin, in Freiburg gibt es keine einzige. Wie überall sonst dominieren dort die Sparten „Produktentwicklung“, „Diagnostik“ und „Medizin“.