Kolumbien dem Frieden näher

■ Abkommen für direkte Verhandlungen

Berlin (taz) – Als „absolut substantiellen Fortschritt“ bezeichnete Kolumbiens ehemaliger Außenminister Augusto Ramirez Ocampo das umfangreiche Abkommen zwischen rund 40 VertreterInnen – darunter Ramirez – aus verschiedensten gesellschaftlichen Bereichen und drei Führungskadern der kolumbianischen Guerilla „Nationales Befreiungsheer“ (ELN). Gestern mittag ging mit der Unterzeichnung das dreitägige Friedensforum im streng abgeschirmten Kloster Himmelspforten bei Würzburg zu Ende.

Die Rebellen verpflichteten sich, ab sofort keine Minderjährigen, schwangeren Frauen und Senioren mehr zu entführen und die Anschläge auf die Erdölleitungen des Landes auszusetzen. Damit ist der designierte Präsident Andrés Pastrana bereits vor seinem Amtsantritt am 7.August unter Zugzwang, die vom Friedensforum vorgeschlagene Agenda mitzutragen: Im Oktober soll in einer entmilitarisierten Zone Kolumbiens eine „Nationale Konvention“ unter Beteiligung der Regierung und der größten Guerilla des Landes, der „Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens“ (FARC) einberufen werden. Dort sollen eine Landreform, soziale Umverteilungsmaßnahmen sowie Schritte bis hin zu einem möglichen Waffenstillstand auf der Tagesordnung stehen.

ELN-Unterhändler Milton Hernández knüpfte ein vollständiges Ende der Entführungen und Lösegelderpressungen, die er als eine Art der Steuereintreibung der Guerilla bezeichnete, an finanzielle Gegenleistungen der Regierung und eine Reduzierung des Militäretats. Außerdem solle der Staat die von ihm teils unterstützten, teils tolerierten paramilitärischen Gruppen auflösen. Woche für Woche richten diese Massaker unter der Zivilbevölkerung an, angeblich um der Guerilla das Wasser abzugraben. Der deutsche Privatagent Werner Mauss vermittelte am Rande der von ihm mit eingefädelten Gespräche Außenkontakte der ELN-Guerilleros. Er zeigte sich begeistert über den „historischen Durchbruch“, der in Würzburg erreicht worden sei.

Parallel zum Friedensforum traf Geheimdienstkoordinator Bernd Schmidbauer in Bonn mit dem kolumbianischen Umweltminister Eduardo Verano de la Rosa und dem „Antientführungszar“ der Regierung Samper, Rubén Dario Ramirez, zusammen. Thema auch hier: Die Pipeline-Anschläge und Entführungen der ELN.

Auch wenn strikte Vertraulichkeit vereinbart wurde, ist damit klar, daß sich die Bundesregierung wieder direkt in den kolumbianischen Friedensprozeß eingeschaltet hat. Gerhard Dilger