Innenminister Kanther will Hooligans entmannen

■ Bonner Maßnahmenkatalog gegen Fußballrowdys: Schläger müssen um das „Mannbarkeitssymbol“ Auto fürchten und mit dem „Schlagstock der Polizei“ rechnen

Bonn (taz) – Polizeibekannte Schläger, die eigens für Gewalttaten zu Fußballspielen reisen, sollen nach dem Willen von Manfred Kanther den Verlust ihres Autos riskieren oder sogar vorbeugend in Polizeigewahrsam genommen werden. Als Konsequenz aus den Vorfällen am Rande der Fußballweltmeisterschaft, bei denen ein französischer Polizist von Deutschen schwer verletzt wurde, hat der Bundesinnenminister gestern in Bonn eine „Anti- Hooligan-Kampagne“ vorgestellt. Sie soll vor allem darauf abzielen, Gewalttäter bereits vorbeugend an ihren Aktionen zu hindern. Der wegen des Überfalls auf den Polizisten gesuchte Hooligan André Z. stellte sich gestern in Gelsenkirchen der Polizei.

Die Hooligans „sind keine Fans, das sind kriminelle Schläger“, erklärte Kanther. Wer Schlägereien beginne, müsse mit dem „Schlagstock der Polizei“ rechnen. Diese gebe Millionen aus, um Schlägertrupps „an ihrem Unwesen“ zu hindern. „Das ist kein normaler Zustand in unserer Gesellschaft. Dagegen müssen wir mobil machen.“ Der Innenminister verwies darauf, daß zahlreiche Gewalttäter berufstätig seien und nur aus „Spaß an der Gewalt“ handelten. Eine besondere Rolle kann laut Kanther in diesem Zusammenhang auch das „Mannbarkeitssymbol“ Auto spielen: „Wem sein Kraftfahrzeug stillgelegt oder gar eingezogen wird“, der sei vielleicht bereit, auf Gewalt zu verzichten.

Kanther plädierte für einen abgestuften Katalog an vorbeugenden Maßnahmen gegen Hooligans. „Vielleicht nutzen bei einigen durchaus Besuche der Polizei, Warnungen.“ In Frage kämen auch Reisesperren oder eine Meldepflicht für Schläger. Während das Auswärtsspiel ihrer Mannschaft angepfiffen werde, müßten sie bei der Polizei ihrer Heimatstadt erscheinen. Der Minister sprach sich dafür aus, als „äußerstes Mittel“ den „Unterbindungsgewahrsam“ zu nutzen. Er ermöglicht bereits in zehn Bundesländern das vorbeugende Festhalten von Verdächtigen.

Sehr viel mehr als appellativen Charakter haben die Vorschläge des Bundesinnenministers nicht. Die meisten der von ihm befürworteten Maßnahmen sind entsprechend dem Polizeirecht Ländersache. Manfred Kanther hat nun deshalb der Konferenz der Landesinnenminister vorgeschlagen, „sehr schnell“ eine Arbeitsgruppe einzurichten, die sich mit den Möglichkeiten zur Bekämpfung von Hooligans beschäftigt. Die Ergebnisse dieser Arbeitsgruppe sollen nach dem Wunsch des Ministers auf der nächsten Konferenz der Innenminister im November beraten werden.

Gegenwärtig sind der Polizei rund 2.300 Schläger bekannt, die gezielt am Rande von Fußballveranstaltungen aktiv werden. Nach Erkenntnissen des Bonner Innenministeriums gehen die meisten „einer geregelten Arbeit nach oder befinden sich in der Ausbildung“. Sie stammten „aus allen sozialen Schichten“.

Kritisiert wurde der Vorstoß des Innenministers vom rechtspolitischen Sprecher der bündnisgrünen Bundestagsfraktion, Volker Beck. Er wandte sich gegen eine „Fokussierung auf repressive Maßnahmen“ und forderte statt dessen einen Ausbau der Fan-Projekte. In diesem Zusammenhang müßten „die Großverdiener der Fußballbranche“ stärker als bisher auch zur Finanzierung der Fan-Arbeit zur Kasse gebeten werden. Bettina Gaus

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