Start aus dem Souterrain

■ Riesennachfrage nach Aktien des Jenaer Softwareunternehmens Intershop

Berlin (taz) – In einem Rausch der Euphorie befanden sich gestern die Aktionäre der Intershop Communications AG. Zum Preis von 100 Mark waren die Aktien am Morgen erstmalig ausgegeben worden. Nach kurzer Zeit handelten die Broker die Papiere bereits für 265 Mark. Gegen Mittag pendelte sich der Preis bei 245 Mark pro Aktie an der Frankfurter Börse für junge Unternehmen, dem Neuen Markt, ein.

Intershop Communications ist die ostdeutsche Erfolgsgeschichte schlechthin. 1991 hatte Stephan Schambach, jetziger Vorstandschef, im Souterrain einer Gründerzeitvilla in Jena begonnen, Computer und Software zu verkaufen. Selbständig hatte er sich eigentlich nur gemacht, weil er keinen Job in den Semesterferien gefunden hatte. Er habe keine Berufserfahrung, sagten die Unternehmer aus Westdeutschland dem damals zwanzigjährigen Physikstudenten. Schambachs Handel florierte, und schnell stellte sich heraus, daß das Jenaer Tiefparterre die Kundenströme nicht aufnehmen könnte.

Schambach, der schon in der DDR mit Tüftelarbeiten Geld verdient hatte, und seine neun Kompagnons entwickelten daraufhin eine Software für den Handel im Internet. Ein Programm für Electronic Commerce oder eCommerce gab es bis dahin nicht. Die gute Idee und die Umsetzung nützten Schambach und den anderen Studienabbrechern aber zunächst wenig, da sie ihr Produkt mangels Kapital nicht vermarkten konnten. Durch einen Trick gelang es Schambach, daß die Frankfurter Allgemeinen Zeitung einen Text auf ihrer Wirtschaftsseite veröffentlichte.

Den lasen auch die Berater der Technologieholding, einer Risikokapitalgesellschaft. Seit 1995 arbeitet sie mit Intershop zusammen und steckte allein in den ersten zwei Jahren 10 Millionen Mark in die Firma. Das Geld zahlte sich aus. 1997 setzte das Unternehmen 10 Millionen Mark um. Allein im ersten Halbjahr 1998 stieg der Umsatz auf über 14 Millionen Mark. Schambach hat seinen Firmensitz von Jena nach San Francisco verlegt und unter anderem Niederlassungen in Australien, Brasilien und Singapur eröffnet.

Das Risiko der Technologieholding hat sich mit dem Börsengang gelohnt. 30 Millionen Mark wollte die Gesellschaft an Intershop verdienen. Jetzt ist es schätzungsweise die doppelte Summe geworden. Ulrike Fokken