Analyse
: Schulden für Natur

■ USA erlassen ein paar Schulden, wenn dafür Regenwald geschützt wird

Wie schützt man am besten den Regenwald, ohne daß es etwas kostet? Oder vielmehr: so daß es anscheinend nichts kostet? Ganz einfach. Man erläßt einem tropischen Land mit hoher Auslandsverschuldung einen kleinen Teil seiner Schulden unter der Auflage, daß die Regierung die entsprechende Summe dann für den Naturschutz ausgibt. Dieses Vorgehen hat gestern der US-Kongreß in einem Gesetz beschlossen und dafür 325 Millionen Dollar bereitgestellt.

Erfunden wurde diese Strategie in den achtziger Jahren, als die Schuldenkrise die Fundamente der globalen Finanzwirtschaft zum Wanken brachte. Damals suchten die Gläubiger nach Wegen, das Unvermeidbare – den Erlaß eines Teils der Schulden – wenigstens scheinbar zu umgehen und nicht gänzlich auf Ansprüche zu verzichten. So kam man darauf, Schulden in Beteiligungen an Firmen in den Schuldnerländern zu verwandeln (sog. debt-equity swaps) und auch für Naturschutzgebiete zu tauschen (debt-nature swaps). 1987 hat die Umweltorganisation Conservation International erstmals uneinbringliche Schulden des bolivianischen Staates zu einem Preis aufgekauft, der deutlich unter dem Nennwert lag. Mit der Regierung in La Paz hatten die Naturschützer ein Abkommen geschlossen, wonach diese Schuldscheine vernichtet werden, wenn dafür im bolivianischen Tiefland große Naturschutzgebiete eingerichtet werden. Vorteil für Bolivien: Danach fallen Zinszahlungen für diese Schulden weg.

Auch die Bundesrepublik trifft gelegentlich im Rahmen von Umschuldungsabkommen solche Vereinbarungen. Beispielsweise letztes Jahr mit Peru: Zunächst 50 Millionen Mark Schulden können erlassen werden, sobald die peruanische Regierung 40 Prozent des Gegenwerts in Projekte zum Schutz der Umwelt oder zur Armutsbekämpfung investiert.

Alles paletti also – Schulden erlassen, Natur geschützt. Nicht ganz. Die 325 Millionen Dollar etwa, die jetzt der US- Kongreß locker macht, sind leider kaum wahrnehmbar im Verhältnis zur tatsächlichen Schuldenlast der Entwicklungsländer von rund 15.000 Millionen Dollar. Dazu kommt, daß die Schulden, die durch solche Abkommen abgebaut werden könnten, ja nur dann wirklich erlassen werden, wenn das betreffende Land auch wirklich Geld für die Naturschutzprojekte erübrigen kann. Wenn die Regierung aber so leicht an Geld käme, dann hätte sie ja auch schon ihre Schulden zurückzahlen können.

Letztlich handelt es sich bei den Schulden-für-Natur-Geschäften um einen Hebel, mit dem die verschuldeten Staaten gezwungen werden, zusätzliches Geld für den Naturschutz aufzubringen. Zumindest in den Industrieländern hat allerdings kaum jemand etwas gegen den Zwang zu mehr Umweltschutz. Nicola Liebert