Suche nach dem sicheren Hafen

Bereits drei tödliche Unfälle in diesem Jahr: Amt für Arbeitsschutz und Hafenaufsicht versuchen, die Gefahren einzudämmen  ■ Von Kai von Appen

Der Hamburger Hafen ist – neben dem Baugewerbe – immer noch der gefährlichste Arbeitsplatz Hamburgs. Grund genug für das Amt für Arbeitsschutz, die Hafenbetriebe besonders aufmerksam zu beobachten. Allein im ersten Halbjahr 1998 registrierte die Hafenaufsicht des Amtes drei tödliche Unfälle. Ein Rangierer wurde von einem Zug erfaßt, ein Van Carrier-Fahrer stürzte beim Verlassen seiner Kanzel 15 Meter in die Tiefe, und ein Hafenarbeiter wurde beim Umschlag auf der Kaistraße von zwei Containern zerquetscht.

„Oft reicht es aus, die Verkehrswege und Containerstellplätze neu anzulegen“, berichtet der Leiter der Hafenaufsicht, Detlef Boels. So hat seine Behörde mit der Verlegung der Containerparkplätze bei Unikai gute Erfahrungen gemacht. Auch bei TCT, die gerade ihren Containerterminal erweitern, konnte das Unfallrisiko durch Anregungen deutlich gemindert werden. Boels: „Wir haben dort die Verkehrswege verändert und für den Erweite-rungsbau die Routen entwickelt.“

Denn auf dem TCT-Terminal werden jährlich 300.000 Container umgeschlagen, täglich rasen 15 Van Carrier zwischen den Stapeln hin und her. Diese Containerspinnen auf Rädern können die Metallboxen vier Lagen hoch stapeln. Der Fahrer sitzt in einer Kanzel in 15 Metern Höhe, so daß immer die Gefahr besteht, Personen am Boden zu übersehen.

Im Prinzip ist die Hafenaufsicht daher bemüht, von Containeranlagen jeglichen Personenverkehr fernzuhalten. Denn auch Betriebsinterne sind oft ungeahnten Gefahren ausgesetzt. „Wir hatten einen Fall, da ist eine Sekretärin auf dem normalen Weg in ihr Büro erfaßt worden“, erinnert sich Boels. „Sie hatte sich einfach zu sicher gefühlt und der Fahrer die Situation vermutlich falsch eingeschätzt.“ Der Frau mußte ein Bein amputiert werden.

Die Probleme der Hafensicherheit sind vielschichtig. Anders als Unikai, wo die Hafenaufsicht laut Inspekteur Werner Pauk „immer ein offenes Ohr findet und vom Betriebsleiter sofort über Probleme informiert wird“, weigern sich andere Firmen oft aus Kostengründen, Veränderungen einzuführen. Die Arbeitsschützer machen dann Druck. „Wir versuchen dann, mit einzelnen Firmen Alternativen auszuprobieren, damit man sie dann auf andere Betriebe übertragen kann“, so Boels. „Wo man gemeinsame Interessen erkennt, kann man sie auch durchsetzen.“

So verbuchten die Arbeitsschützer Erfolge für die Fahrer von Zugmaschinen, die Roll-on-Roll-off-Schiffe beladen. „Die Dieselmotoren haben eine hohe Emission, die Krebs erregt“, so Boels. Da Partikelfilter dieser Größenordnung 60.000 Mark kosten, wollten viele Betriebe zunächst diese Investition nicht tätigen. „Als wir spitzgekriegt haben, daß der Dieselruß die Reifung von Früchten beeinflußt, zogen plötzlich viele Betriebe mit“, freut sich der Hafenaufsichtschef. „Da haben wir das mit dem wirtschaftlichen Argument durchsetzen können.“ Inzwischen laufen in den Fruchtzentren nur noch E-Motoren.

Und auch die Frontstapler verschwinden immer mehr aus dem Hafenbild. Die Hersteller priesen ihre Fahrzeuge wegen ihrer hohen Tragkraft von 40 Tonnen, doch beim Bremsen senkte die Schubkraft die Tragfähigkeit schnell auf 25 Tonnen ab. „Da ist öfter mal einer auf die Nase gefallen“, hämt Boels. Immer mehr halten nun die neuen „Reachstacker“ Einzug, obwohl sie 360.000 Mark kosten. Boels: „Mir ist nicht bekannt, daß da schon mal einer umgefallen ist.“

Aber auch auf den Seeschiffen sind die Inspektoren der Hafenaufsicht täglich unterwegs. Denn auch beim Laschen (Vertauen der Container) in schwindelnder Höhe bestehen erhebliche Unfallgefahren. Gerade auf ausländischen Schiffen sind die deutschen Normen oft nicht bekannt. „Wir müssen dafür sorgen, daß die Vorschriften bekannt und diese Kenntnisse vermittelt werden“, so Boels. Kommt ein Schiff unvorschriftsmäßig an, sei es vor allem Aufgabe des Hafenbetriebs, dafür zu sorgen, die Mängel abzustellen. „Wir können aber auch Anordnungen treffen und diese durchsetzen.“ Dann wird die Arbeit eingestellt, wenn vielleicht auch nur für eine Stunde. Boels: „Das kommt öfter vor.“

Aber nicht nur die Anregungen und Kontrollen vor Ort gehören zu den Aufgaben der Hafenaufsicht, sondern auch die Prävention. So führten die Arbeitsschützer im vorigen Jahr eine Kampagne zum Tragen von „perönlichen Rettungswesten bei Arbeiten mit Absturzgefahr ins Wasser“ durch. Boels: „Vielen Arbeitern waren die Gefahren und Risiken nicht bewußt.“ In diesem Jahr führen die Arbeitsschützer zusammen mit der Seeberufsgenossenschaft nun eine Aktion durch gegen „Schweröle auf Seeschiffen“, die bei Hautkontakt krebserregende Eigenschaften haben.

Gänzlich kann das Amt für Arbeitsschutz die Unfallgefahr jedoch nicht eindämmen, gesteht Detlef Boels durchaus ein. „Der Hafen bleibt der gefährlichste Arbeitsplatz in Hamburg“, so sein Resümee: „Unfälle können nie gänzlich vermieden werden, wo schwere Lasten transportiert werden, die außer Kontrolle geraten können.“