Bahn gegen Bahn an der ICE-Trasse

■ Immobilientochter der Bahn hält Lärmschutz an ICE-Strecke für notwendig. Die Streckenplaner der Bahn wollen darauf verzichten

Ein Tochterunternehmen der Deutschen Bahn AG hält den Bau von Lärmschutzwällen an der südlichen ICE-Trasse „Anhalter Bahn“ für zwingend erforderlich. Die „Eisenbahnimmobilienmanagement“ (EIM) widerspricht damit den Planungen einer anderen Bahntochter, der DB Projekt GmbH, die die Strecke ohne Lärmschutz bauen will (taz berichtete). Die DB Projekt GmbH plant den Bau der Trasse für 164 Züge täglich mit Geschwindigkeiten von 160 Stundenkilometern. Die strittige Trasse führt als Teil der Strecke Leipzig–Berlin von Lichterfelde-Süd zum Lehrter Bahnhof im Zentrum.

Die Immobilientochter der Bahn will ein „modernes Wohnquartier für ca. 7.000 Menschen“ in Lichterfelde-Süd direkt an der Trasse errichten. In ihren Unterlagen stellen die EIM-Planer klar: „Die Berechnungen des Lärmschutzpegels haben ergeben, daß zur Bahn Lärmschutzmaßnahmen erforderlich sind. Die Höhe der Lärmabschirmung zur Bahn sollte mindestens zwölf Meter betragen.“

Die EIM-Unterlagen liegen zur Zeit am Anhalter Bahnhof für potentielle Mieter zur Einsicht aus. EIM-Projektleiter Stefan Wiegand erklärte: „Wir werden für das Wohnquartier selbstverständlich Lärmschutzwälle bauen und sie aus eigenen Mitteln finanzieren. Etwas anderes können wir den zukünftigen Bewohnern auch nicht zumuten.“ Den Wohnungsplanungen zugrunde liegt ein städtebauliches Gutachten der Senatsbauverwaltung von 1995. Darin wird auch ein zukünftiger Dauerlärmpegel von 73 Dezibel prognostiziert.

Doch was für die Bahnsiedlung gilt, soll für die Anwohner, die schon seit Jahren an der zukünftigen Trasse leben, keine Rolle spielen. Denn die Streckenplaner der DB Projekt haben für ihren Trassenbau die Lärmbelastung knapp unter den Grenzwert von 70 Dezibel gedrückt. So plante die DB Projekt für die Streckennutzung bis 2010 lediglich eigene Züge ein – viel weniger, als die Strecke möglicherweise befahren.

Laut EU-Wettbewerbsrecht können nämlich auch Bahnkonkurrenten die Strecke zukünftig mit benutzen, was zu einer Streckenbelastung von 318 Zügen statt der geplanten 164 ICEs und ICs führen kann. Das jedenfalls schätzt die Bürgerinitiative Lichterfelde anhand von Vollauslastungsplänen der Bahn.

Auch Norbert Kopp, CDU- Baustadtrat in Steglitz, widerspricht den Streckenplanern der Bahn: „In unserern Originalmeßplänen ist der alte Streckenverlauf, auf den sich die Bahn beruft, gar nicht verzeichnet.“ Es handle sich deshalb um einen Streckenneubau, für den das Bundesimmissionsschutzgesetz und Lärmschutzpflicht gelten, so Kopp. Der Baustadtrat fordert, daß zumindest die Geschwindigkeit der Züge reduziert wird: „Wenn man die Strecke ins Zentrum mit nur 120 Stundenkilometern befährt, beträgt der Zeitverlust bis zum Lehrter Bahnhof nur eine Minute.“ Peter Sennekamp