Argentiniens Präsident kämpft um dritte Amtszeit

■ Carlos Menem will noch einmal kandidieren. Dazu muß er irgendwie die Verfassung umgehen

Buenos Aires (taz) – Argentiniens Präsident Carlos Menem hat endlich offiziell bestätigt, sich im kommenden Jahr ein drittes Mal zur Wahl stellen zu wollen. Monatelang war über diese Frage spekuliert und gestritten worden – denn eigentlich darf Menem gar nicht mehr kandidieren, da eine Klausel der argentinischen Verfassung die Amtszeit des Präsidenten auf zwei Perioden beschränkt, und die hat Menem bereits hinter sich.

Gestern wollte Menem einen eigens einberufenen Sonderparteitag seiner Peronisten bitten, das Oberste Gericht anzurufen, um klären zu lassen, ob die Verfassungsklausel auf Menem überhaupt zutrifft. Denn schließlich – das Argument hat sich Menem von Perus Präsidenten Alberto Fujimori abgeguckt – sei doch die Verfassungsklausel erst nach seiner ersten Amtszeit wirksam geworden, so daß diese Zeit gar nicht zähle.

Während allerdings 1995, als Menem sich zum zweiten Mal wählen ließ, die peronistische Partei geschlossen hinter ihm stand, gibt es jetzt Gegenwind auch aus den eigenen Reihen. Sein schärfster Widersacher ist der Gouverneur der Provinz von Buenos Aires, Eduardo Duhalde, der eigentlich als Favorit für Menems Nachfolge galt.

Um Menem auszubremsen, hat Duhalde angekündigt, in der Provinz Buenos Aires eine Volksbefragung abzuhalten, bei der die Bürger entscheiden können, ob Menem 1999 nochmals kandidieren darf. Der Gouverneur war sich seiner Sache recht sicher. Die Leute in der bevölkerungsreichsten Provinz des Landes sind schlecht auf Menem zu sprechen, und ein klares „Nein“ gäbe Duhalde ein starkes Druckmittel, um Menems erneuten Einzug in den Regierungspalast zu stoppen.

Doch Menem schläft nicht. Mit den Worten „Wenn sie Ärger haben wollen, können sie Ärger haben“ zog sich der Machtmensch mit dem Dauergrinsen die Boxhandschuhe an und gab Duhaldes Idee noch etwas mehr Schwung. Ein Volksentscheid auf nationaler Ebene solle über seine politische Zukunft entscheiden. Und landesweit stehen Menems Chancen gar nicht schlecht.

Beim Sonderparteitag gestern sollte es nun erst einmal darum gehen, ob die Peronisten die Wiederwahl Menems wollen. Wenn ja, wollen sie sich darüber einigen, wie das zu bewerkstelligen sei: Wiederwahl mit Plebiszit, Wiederwahl per Parlamentsbeschluß oder per Gerichtsentscheid.

Kurz vor dem Sonderparteitag hat der Präsident allerdings noch einen Dämpfer erfahren: Stinksauer, weil Menem sich nur noch um die eigene Wiederwahl schert und wichtige wirtschaftspolitische Entscheidungen verschleppt werden, hat am Donnerstag Vize- Wirtschaftsminister Carlos Rodriguez dem Präsidenten den Rücken gekehrt und seinen Rücktritt erklärt. Seine Verärgerung hatte er am Dienstag der Zeitung Clarin offenbart: „Es ist sehr schwierig,“ sagte er, „in einem Land Wirtschaftspolitik zu machen, in dem nicht nur der Streit um die politische Nachfolge überkocht, sondern zudem auch völlig unklar ist, was für ein Tarif- und Steuersystem wir wohl zukünftig haben werden.“ Ingo Malcher