Analyse
: Immer neue Adressen

■ Fahnung nach Anbietern von Kinderpornos im Netz ist schwierig

Selbst militante Verteidiger der Meinungsfreiheit im Internet lenken ein, wenn es um den sexuellen Mißbrauch von Kindern geht. Wer Kinderpornographie im Internet verbreitet, verstößt nicht nur gegen Strafgesetze fast aller Staaten der Welt, sondern auch gegen die sogenannte Netiquette, den Verhaltenskodex der Netzpioniere, der rechtlich zwar unverbindlich ist, in manchen Fällen jedoch weit strengere Normen setzt als staatliche Gesetze.

Aber weder die Selbstkontrolle noch die Polizei haben bisher die Kinderpornographie aus dem Internet verbannt. Denn sogar Computerspezialisten können professionelle Anbieter und mit der Netztechnik hinreichend vertraute Konsumenten nur unter großen Schwierigkeiten identifizieren. Und die Polizei ist von der neuen Technik erst recht überfordert.

Zwar sind in manchen Bundesländern Deutschlands Sonderabteilungen eingerichtet worden, die versuchen, das Internet systematisch nach verbotenem Material abzusuchen. Wenn sie etwas finden, kommen sie in der Regel zu spät. Der Datenaustausch hat bereits stattgefunden, und die oft nur kurze Zeit gültigen, anonymen Netzadressen des Senders wie des Empfängers können kaum noch auf tatsächliche Personen und Wohnsitze zurückgeführt werden.

Niemand muß jedoch deswegen befürchten, im Internet unfreiwillig mit den Scheußlichkeiten einschlägiger Pornoringe konfrontiert zu werden. Solche Bilder liegen nicht frei zugänglich unter bekannten Adressen bereit. Der häufigste Weg ihrer Verbreitung sind die sogenannten Chat-Räume im Netz.

Die Chat-Räume sind spezielle Adressen, unter denen sich eine beliebige Anzahl von Personen online unterhalten kann. Viele der Teilnehmer zeigen schon in ihrem Namen an, daß es thematisch um Sex und Pornographie geht.

Wer verbotenes Material verkaufen will, kann einem solchen, vollkommen legalen Online-Club gefahrlos eine Mail- Adresse mitteilen in der Erwartung, einen Abnehmer zu finden, der mit einer knappen Rückantwort sein Interesse an illegalem Material signalisiert. Dazu reicht eine Deckadresse, die nur für eine kurze Zeit angewählt werden kann.

Ist der Kontakt einmal hergestellt, wird das kriminelle Geschäft keineswegs immer über das Internet abgewickelt. Das dürfte inzwischen sogar die Ausnahme sein. Immerhin kann die Polizei wenigstens in Einzelfällen Ermittlungserfolge vorweisen, oft kamen die entscheidenden Hinweise von anderen Internet-Nutzern. Zumindest in Deutschland sind Post und Telefon durch entsprechende Gesetze weit besser vor dem Zugriff des Staates geschützt als das offene Internet. Niklaus Hablützel (niklaustaz.de)