Der Attentäter war ein Schreiner

■ Als die „Männer des 20. Juli“ für Hitler in den Krieg zogen, versuchte 1939 Georg Elser ein Attentat / Bremer Initiative will über den weitsichtigen Mann informieren

Der 20. Juli, der Deutsche Widerstand, General Stauffenberg, Hitler-Attentat der konservativen Opposition 1944 – alte Geschichte? Im Jahre 1939, da hatte ein einfacher Schreiner-Geselle schon begriffen: „Einer mußte es ja tun...

Zu diesem Zeitpunkt hatten die Militärs, die 1944 angesichts der drohenden Niederlage Hitler beseitigen wollten, noch treu „ihre Pflicht taten“ in Hitlers Armee.

Ausgerechnet das Münchener Abkommen, in dem die westlichen Staaten Hitler weitreichende Zugeständnisse gemacht hatten, das die Männer des 20. Juli verblendet hatte und der „militärischen Opposition gegen Hitler“ für Jahre den Mut nahm, hatte dem 18jährigen Schreiner Georg Elser die Augen geöffnet.

Er begann seine Attentatsvorbereitungen: Er erkundete den Müchener Bürgerbräukeller, in dem Adolf Hitler regelmäßig am 8. November 1938 aufzutreten pflegte, suchte sich in München einen Aushilfsjob, siedelte über, besorgte sich die Materialien für eine Bombe, ließ sich zwei Wochen lang regelmäßig abends in dem Bierkeller einschließen, meißtelte nachts die Säule auf, neben der das Rednerpult gestanden hatte.

Elser nahm den Bauschutt morgens in der Aktentasche mit raus, wenn die Kneipe aufgeschlossen wurde. Aber dann scheiterte der Attentatsversuch, weil Hitler am 8. November 1939 dreizehn Minuten zu früh den Raum verließ, weil er wegen des Nebels nicht ein Flugzeug nehmen konnte, sondern mit dem Zug fahren mußte ...

Georg Elser, der mutige einsame Geselle, über den 20, 30 Jahre nach 1945 niemand geredet hat, weil das die gesamte Truppe des „20. Juli“ so blamiert hätte. Den Bremer Künstler Bernhard Wimmer läßt diese Figur nicht los. Als Junge, erinnert sich Wimmer, in den 50er Jahren, hatte er in Königsbronn, wo er aufwuchs, Post ausgetragen, aushilfsweise. Da war auch oft Post für Familie Elser dabei.

Als Kind wußte Wimmer nichts von dem Hitler-Attentäter, er wußte nur: Irgendwas stimmte mit den Elsers nicht. Und darüber spricht man nicht, das war die Stimmung in dem kleinen Dorf Königsbronn. Das Dorf hätte seinen Sohn am liebsten verleugnet. „Attentatshausen“ hieß es seit der Nazizeit, ein böser Schimpfname. 1939, als Elser nach dem mißglückten Anschlag in die Schweiz flüchten wollte, wurde er an der Grenze mit verdächtigen Gegenständen festgenommen. Warum hatte er sowas dabei? Das ist so unglaublich grotesk wie einfach, erklärt Bernd Krause, der Kopf der Bremer Elser-Initiative: Georg Elser mußte in der Schweiz beweisen, daß er der Attantäter war, um politisches Asyl zu bekommen. Sonst hätten ihn die Schweizer damals an die Nazis ausgeliefert. Und deshalb hatte er eindeutige Gegenstände bei sich. Die Nazis wären nie darauf gekommen, daß der schlichte Schreiner diese Bombe gelegt haben könnte.

Eine „Elser-Initiative“ gibt es heute noch nicht in Königsbronn, aber in Bremen. Sieben engagierte BremerInnen, die die Geschichte von diesem Mann nicht losläßt. Der Künstler Wimmer, der erst als Erwachsener in Bremen genauer erfuhr, welcher Familie er damals in dem engstirnigen schwäbischen Dorf die Post ausgetragen hatte, hat ein Denkmal entworfen: Ein vergoldeter Holzbalken vor einer verroste-ten Eisenplatte. Königsbronn lehnt das Denkmal ab, bisher. „Ich will meinem Dorf dieses Denkmal aufdrücken“, sagt Wimmer. Das Gemeine an dem Konzept: Der Goldanstrich an dem Holz muß regelmäßig gepflegt und erneuert werden, Königsbronn soll regelmäßig an der Erinnerung an Elser arbeiten, sagt Wimmer. Kein Geld dafür da, sagt der Bürgermeister von Königsbronn, bisher.

Bernd Krause, von Beruf Sozialarbeiter, hat als Hobby das Komponieren gelernt bei Sigrid Ernst und arbeitet an einem „Gedenkstück“. StudentInnen der Hochschule für Künste werden es musizieren und SchauspielerInnen der Shakespeare-Company dabei als SprecherInnen auftreten, wenn im Rahmen eines „kulturpolitischen Abends“ am 11. November die große Berliner Elser-Ausstellung eröffnet wird, die die kleine Gruppe nach Bremen geholt hat... K.W.

Um das Ausstellungsprogramm zu finanzieren, gibt die Elser-Initiative ab heute eine „Aktie“ heraus: Das Bild des geplanten Mahnmals als Druck, 20 Mark „Spende“ der Nennwert. Kontakt: Bernd M. Krause, Tel. 0421 / 545286