Subventionen ohne Kontrolle

■ Im Förderausschuß der Investitionsbank entscheiden fünf Personen über die milliardenteure Unterstützung von Unternehmen. Der Fall Adtranz wirft ein Schlaglicht auf die Vergabepraxis

Fünf Leute entscheiden über Milliarden Mark. Eine Kontrolle durch die Öffentlichkeit oder das Parlament findet nicht statt. Das wäre nicht weiter bedenklich, wenn es sich um privates Geld handelte. Doch es geht um öffentliche Fördermittel, die die Investitionsbank Berlin (IBB) an Wirtschaftsunternehmen vergibt. Die Pläne des Adtranz-Konzerns, sein vom Staat hochsubventioniertes Werk in Pankow zu schließen, sind für den bündnisgrünen Wirtschaftsexperten Vollrad Kuhn der jüngste Anlaß, die „mangelnde Transparenz“ der Wirtschaftsförderung zu beklagen.

Über einen guten Teil der von der landeseigenen IBB verteilten Subventionen entscheidet ein exklusives Gremium: der GA-Förderausschuß. „GA“ steht für „Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“. Exakt fünf Personen sitzen am Tisch: jeweils ein Vertreter des Wirtschaftssenators, der IBB, des Arbeitsamts, der Handwerks- sowie der Industrie- und Handelskammer.

Rund 1,9 Milliarden Mark bewilligten die Herren seit 1991 auf der Basis der bundesweiten Vergaberichtlinien. An hiesige Betriebe ausgezahlt wurden bislang etwa 1,4 Milliarden, erläutert IBB-Mitarbeiter Jörg Blandzinski. Knapp die Hälfte dieses Geldes bringt der Bund auf, die übrigen 50 Prozent das Land.

Um die Firmen und ihre Daten zu schützen, tagt der einflußreiche Kreis ohne jegliche Kontrolle jenseits der beteiligten Institutionen. Informationen dringen, wenn überhaupt, nur bruchstückhaft nach außen. Gegenüber Abgeordneten verweist Wirtschaftssenator Elmar Pieroth (CDU) regelmäßig auf die vereinbarte Vertraulichkeit. Erst Anfang Juni beschied CDU-Wirtschaftsstaatssekretär Wolfgang Branoner der grünen Abgeordneten Sibyll Klotz, ihre Fragen nach den Subventionen für Großunternehmen wie Niles, Melitta, AEG, Sarotti, Schindler und andere seien „im Rahmen einer kleinen Anfrage nicht zu beantworten“.

Der Fall Adtranz wirft nun ein Schlaglicht auf die Subventionspraxis. Angesichts der Schließungspläne für das hochsubventionierte, erst im vergangenen Jahr eröffnete Werk für die Herstellung von Bahnen und Bussen, erfahren die VolksvertreterInnen zwar, daß bislang 17,2 Millionen Mark aus öffentlichen Kassen ausgeschüttet wurden. „Für 300 Arbeitsplätze, Maschinen und Anlagen“, sagt Pieroths Sprecher Michael Wehran. Doch wie genau dieses Geld auf die einzelnen Posten aufgeteilt wurde, bleibt im dunkeln.

Deshalb wird das Parlament demnächst ganz wesentliche Punkte nicht beurteilten können: Fordert die Wirtschaftsverwaltung ihre Subventionen in ausreichender Höhe zurück oder gibt man den Jobvernichtern noch ein kleines Geschenk mit auf den Weg? Im Vertrag mit der IBB verpflichten sich die Unternehmen zwar, für in der Regel fünf Jahre eine bestimmte Zahl von Arbeitsplätzen als Gegenleistung für die Förderung zu aufrechtzuerhalten. Ob beim Nichteinhalten des Vertrages allerdings die Millionen auch zurückgezahlt werden, steht zumeist in der Sternen.

Er könne oft „nicht nachvollziehen, ob die Arbeitsplatzzusagen eingehalten werden“, meint deshalb der Grüne Kuhn. Um Licht ins Förderdunkel zu bringen, verlangt der Kritiker nun, daß ein Ausschuß des Parlamentes sich, wenn schon nicht mit allen, so doch wenigstens mit den großen Subventionsfällen beschäftigen solle. Mit ihrer Ansinnen freilich dringen die Grünen gegenüber der Senatskoalition nicht durch. SPD- Wirtschaftssprecher Borghorst etwa ist – vom Fall Adtranz abgesehen – mit den Informationen überwiegend zufrieden.

So entscheidet der Förderausschuß in eigener Machtvollkommenheit, daß man auch einmal „fünfe gerade sein läßt“. Wirtschaftssprecher Wehran räumt ein, daß von der bankrotten Handy- Firma Hagenuk in Moabit und auch von der ABB-Kraftwerksfabrik in Pankow kein Geld zurückgefordert wurde – obwohl sie die Zahl der Jobs während laufender Förderung reduzierten. Das Argument: Wenn es einem Betrieb schon schlecht gehe, sei es nicht opportun, auch noch Millionen zurückzuverlangen. „Wir reizen das nicht bis zum Letzten aus“, sagt Wehran. Seinem Hause liege daran, daß die Firmen überlebten – wenn auch mit geringerer Beschäftigtenzahl. In diesem Sinne nutze man die Spielräume der Richtlinien. „Das Geld ist zweitrangig“, so Wehran. Hannes Koch