■ Die Gründung des Internationalen Strafgerichtshofes ist vollzogen
: Historisches Ereignis

Die Gründung eines für Kriegsverbrechen, Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zuständigen Internationalen Strafgerichtshofes (ICC) ist ein historisches Ereignis. Es läßt sich allenfalls mit der Gründung des Völkerbundes 1919 oder der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte vor 50 Jahren vergleichen. Und obwohl sämtliche vorgetragenen Kritikpunkte an den zahlreichen Schlupflöchern und Schwachpunkten des in Rom verabschiedeten ICC- Statut zutreffend sind, gilt festzuhalten: Das Ergebnis ist besser als der zahnlose Papiertiger, der vor allem wegen des Verhaltens der USA vor und während der fünfwöchigen Verhandlungen zu Recht befürchtet werden mußte.

Das Verhandlungsergebnis ist das Verdienst zahlreicher regierungsunabhängiger Organisationen (NRO) und einiger Staaten, die sich seit Jahren beharrlich für einen effektiven und politisch möglichst unabhängigen ICC mit weitreichenden Kompetenzen eingesetzt haben. Das Außen- und das Justizministerium der Bundesrepublik Deutschland haben dabei eine herausragende Rolle gespielt. Sie demonstrierten, wie sich einmal als richtig erkannte und gut begründete außenpolitische Ziele auch gegen hartnäckigen Widerstand und massiven Druck des wichtigsten Verbündeten durchsetzen lassen: Unter Vermeidung antiamerikanischer Ressentiments, aber mit beharrlicher Überzeugungsarbeit und kluger Kolitionsbildung unter den 186 UNO-Mitgliedstaaten.

Es bleibt zu hoffen, daß Deutschland und die anderen Befürworter eines wirksamen ICC in Zukunft bei dieser einzig richtigen Strategie bleiben werden. Denn davon wird abhängen, ob die Praxis des künftigen ICC bestimmt wird durch die in seinem Statut verankerten positiven Grundsätze oder durch die extensive Nutzung der zahlreichen Schlupflöcher und durch Torpedierungsversuche der USA oder anderer ständiger Mitglieder des UNO-Sicherheitsrates. Jetzt etwa aus Gründen der „Schadensbegrenzung“ nach den heftigen Kontroversen von Rom den USA entgegenkommen zu wollen, wäre der falsche Weg. Nur eine entschlossene Haltung der Europäer gemeinsam mit wichtigen Regionalmächten anderer Kontinente in dieser und anderen Sachfragen kann zur überfälligen Klärung der Debatte zwischen „Unilateralisten“ und „Multilateralisten“ in den USA beitragen. Die Gefahr, daß diese Klärung ausfällt wie 1919 die Entscheidung des Senats über den Beitritt zum Völkerbund, ist angesichts der globalen Interessen der USA gering. Andreas Zumach