Nelson Mandela wird wieder glücklich

■ Zum 80. Geburtstag heiratet Südafrikas Präsident Mosambiks frühere First Lady

Berlin (taz) – In der neuesten Biographie Nelson Mandelas läßt sie sich sogar im Vorwort zitieren. „Er hat keine verborgenen Teile“, sagt Graca Machel da über den Mann, der jetzt ihr Ehemann geworden ist. Der Präsident selbst jedenfalls sah das bei der Hochzeit am Samstag etwas anders: „Ich küsse sie zum ersten Mal.“

Nelson Mandela und Graca Machel haben mit ihrer Heirat am Wochenende pünktlich zu Mandelas 80. Geburtstag alle Welt hinters Licht geführt. Noch am Freitag mußte Präsidentensprecher Parks Mankhlana pausenlos Gerüchte über eine Eheschließung zwischen dem Präsidenten Südafrikas und der Witwe eines Präsidenten Mosambiks dementieren, während gleichzeitig schon die standesamtliche Trauuung stattfand. Die methodistische kirchliche Hochzeit folgte am Samstag, Nelson Mandelas eigentlichem Geburtstag. Und gestern sollte nach einem Blitzbesuch in Frau Machels Heimatland Mosambik ein rauschendes Fest mit 2.000 Gästen folgen – von Showbusiness-Leuten bis hin zu Revolutionsveteranen.

Nun ist Mandela also „wieder ein ehrlicher Mann“, wie Erzbischof Desmond Tutu neckisch lobte. Der 80jährige wird es nun wohl auch bleiben, denn seine neue, 52jährige Ehefrau tritt nicht in die tückischen Fußstapfen ihrer Vorgängerin Winnie. Von Winnie sagte Nelson, er sei der einzige, der sie unter Kontrolle halten könne – Graca nennt er hingegen „meinen Boß“. Graca Machel wird auch nach der Hochzeit ihren Nachnamen behalten und sogar in Mosambik wohnen bleiben. Sie wird weitermachen, was sie weltweit bekannt gemacht hat: Lobbyarbeit für die UNO, um das Schicksal von Kindern als Kriegsopfern zu publizieren. Nelson Mandela hingegen geht bald in den Ruhestand, denn zu den südafrikanischen Präsidentschaftswahlen im April 1999 tritt er nicht mehr an.

Eigentlich dachten alle, Mandela würde mit seiner neuen Ehe bis zu seinem Rückzug ins Privatleben warten. Aber eine Ehe mit Graca Machel ist auch ein politisches Ereignis, denn sie ist eine politisch herausragende Figur. Noch als Mosambik portugiesische Kolonie war, schloß sie sich der Befreiungsbewegung „Frelimo“ an, die das Land seit der Unabhängigkeit 1975 regiert. Sie heiratete den Frelimo-Chef und späteren Präsidenten Samora Machel und wurde Kultur- und Bildungsministerin. Später, als sie nicht mehr in der Regierung war, kämpfte sie für Frauenrechte in Mosambik. Seit den Wahlen 1994 beträgt der Frauenanteil in Mosambiks Parlament 24 Prozent – in Afrika ein Rekord.

In Südafrika ist Graca Machel vor allem wegen ihres früheren Mannes ein Politikum. Denn mit Samora Machel bekam Südafrika zum ersten Mal einen Präsidenten in einem unmittelbaren Nachbarland, der ein erbitterter Gegner der Apartheid war. Die ANC- Guerilla durfte Mosambik als Basis für ihre gelegenentlichen Sabotageaktionen in Südafrika benutzen; im Gegenzug überzog die von Südafrika gestützte Rebellengruppe „Renamo“ Mosambik mit einem Terrorfeldzug. 1986 starb Samora Machel, als sein Flugzeug mit 30 anderen Regierungsmitgliedern an Bord in Südafrika abstürzte – angeblich, weil der südafrikanische Radar die Maschine von der Flugroute weglotse, so daß sie in einen Berghang flog.

Der Ort des Absturzes in Südafrika ist heute eine Gedenkstätte. Nelson Mandela versprach Graca Machel schon vor Jahren, er werde die Wahrheit über den Tod ihres Mannes herausfinden. Im Mai begann Südafrikas Wahrheitskommission, den Fall zu untersuchen. Mit der Hochzeit wird die nie aufgeklärte Staatsaffäre Machel also auf die allerhöchste Ebene gebracht.

Und zugleich setzt Graca Machel einen historischen Meilenstein. Noch nie, von dynastischen Verflechtungen in Monarchien abgesehen, ist eine Frau „First Lady“ in zwei verschiedenen Ländern gewesen. Dominic Johnson