Ulbricht und Pieck stören nicht mehr

■ Heute wird in Berlin des 20. Juli 1944 gedacht. In der Gedenkstätte wurden die Bilder der KPD-Führer Pieck und Ulbricht nun abgehängt

Berlin (taz) – Wenn Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth nach den heutigen Feierlichkeiten für die Hitler-Attentäter vom 20. Juli 1944 durch die Gedenkstätte Deutscher Widerstand geführt wird, dürfte der Christdemokratin eines ins Auge fallen. Die umstrittenen Porträts der KPD-Führer Wilhelm Pieck und Walter Ulbricht sind abgehängt. Nun ist Ulbricht nur noch in einem Aktenordner zum kommunistischen Widerstand zu finden, Pieck ausschließlich auf Gruppenfotos zu sehen.

Explizit wird darauf hingewiesen, daß Pieck sich im Zuge der stalinistischen Säuberungen in der UdSSR an der Verfolgung deutscher Kommunisten beteiligte. Daneben sind nun Exilkommunisten wie Willi Münzenberg und Margarete Buber-Neumann ausgestellt, die beide eben diesen Säuberungen zum Opfer fielen.

Seit mehreren Jahren sind die Porträts von Ulbricht und Pieck Hauptangriffsfläche im Streit um die Definitonsmacht über den deutschen Widerstand. So jubilierte der Forschungsverbund SED-Staat an der Freien Universität Berlin, mit den Änderungen seien seine kritischen Anmerkungen endlich angenommen worden. Immer wieder hatte die zentrale Forschungsstelle für die Aufarbeitung der SED-Akten die Mitarbeiter der Berliner Gedenkstätte wegen ihrer Darstellung des kommunistischen Widerstands angegriffen. Als Erfüllungsgehilfen der SED hätten sie sich die Geschichtsinterpretation der DDR zu eigen gemacht.

Doch davon möchte der Wissenschaftliche Leiter der Gedenkstätte, Peter Steinbach, nichts wissen. Schließlich sei der kommunistische Widerstand ohne Ulbricht und Pieck historisch nicht zu erklären, unabhängig von ihrer späteren politischen Rolle. Die Gedenkstätte stelle die Regimegegnerschaft in ihrer ganzen „Breite und Vielfalt“ dar.

Die moralische Elle, die Kritiker an Pieck und Ulbricht anlegen, wird allerdings nicht für den Widerstand des 20. Juli eingefordert. Etliche Mitglieder dieses Kreises hatten sich zuvor mit Begeisterung am nationalsozialistischen Vernichtungsfeldzug gegen Europa beteiligt. Die Veränderungen der Ausstellung hätten sich über mehrere Jahre hingezogen, betont Steinbach. Sie stünden in keinem Zusammenhang mit der Debatte, die ihm die „Geschichtspolitiker“ des SED-Forschungsverbundes aufzuzwingen versuchten, so Steinbach. Es gehe um eine Verschiebung von Einzelporträts hin zu Gruppenzusammenhängen. Zudem seien auch andere Teile der Ausstellung verändert worden – etwa die Rolle der Deutschen im Spanischen Bürgerkrieg. Thekla Dannenberg