Grauen am Morgen

■ Der Widerstand gegen rechtswidrige Abschiebung ist noch rechtswidriger

Als Berlins Innensenator Jörg Schönbohm (CDU) im Morgengrauen bosnische Familien von der Polizei abholen und abschieben ließ, offenbarte sich eine Praxis der deutschen Ausländerbehörden, derer sich auch die Hamburger KollegInnen gerne bedienen. Richterschelte haben sie deshalb keineswegs zu befürchten, wie ein Prozeß gestern vor dem Hamburger Amtsgericht zeigte. Der Türke Ismail Y. wurde wegen „Widerstands gegen die Staatsgewalt“ und Körperverletzung zu einer Geldstrafe verurteilt. Er hatte sich gegen seine Abschiebung gewehrt – die das Verwaltungsgericht für rechtswidrig erklärt hat.

Die Familie hatte noch laufende Duldungen, als an einem frühen Morgen im vorigen September PolizistInnen anrückten. Das Ehepaar Y. und seine drei Kinder solle, so erklärten sie, noch am selben Tag in die Türkei gebracht werden. Ismail Y. verlor „völlig die Fassung“, wie ihm auch der Staatsanwalt zugute hielt. Er versuchte, die Tür zuzuschlagen – wodurch er „Widerstand gegen die Staatsgewalt“ verübte. Dann schlug er mit seinem Gipsarm gegen einen Polizisten. Er verletzte ihn nicht – wegen Körperverletzung verurteilte ihn das Gericht dennoch.

Ismail Y. gelang es damals, seinen Anwalt Hartmuth Jacobi zu verständigen. Das darauf angerufene Verwaltungsgericht befand, daß während einer laufenden Duldung nicht abgeschoben werden dürfe. „Gegen eine rechtswidrige Abschiebung ist Widerstand erlaubt“, ist Jacobi überzeugt. Amtsrichter Siegfried Hübner hingegen nicht: „Die Diensthandlung der Polizisten war rechtmäßig, schließlich hatten sie einen Auftrag.“

Gerade Familien holt die Ausländerbehörde gerne morgens überraschend aus dem Bett. Denn die, so Ausländerbehördensprecher Norbert Smekal bei der Abschiebung einer ägyptischen Familie vor wenigen Wochen, „können wir ja nicht vorher in Abschiebehaft nehmen“. Elke Spanner