Explodierende Blume 2000

■ Erster Preis für das „Erlebnisgewächshaus“

„Die Preisfrage ist nicht zuletzt eine Frage des Preises.“ Dieser schöne Satz von einzigartiger konstruktivistischer Reinheit fiel bei der Präsentation der Ergebnisse eines Architekturwettbewerbs für den Rhododendrenpark. Das prämierte „Erlebnisgewächshaus“ des Stuttgarter Architektenbüros Wulf & Partner sieht aber Gott sei Dank alles andere als billig aus. Der Mischling aus stilisierter Blüte, Windmühlenflügel und Satellitenflügel vereint ganz wunderbar Technoides mit Organischem, passend zum Thema.

179 Architektenbüros aus fast ganz Europa signalisierten Interesse am reizvollen Projekt eines Treibhauskomplexes mit integriertem didaktischem Bereich. 29 davon kamen in die engere Wahl, löteten Drähte, klebten Plastik und pflanzten kleine Holzkügelchen zu kleinen Kegeln, Trapezen, Kuppeln. Keine geometrische Grundform, die hier nicht aufgegriffen wurde.

Etwa ein Drittel der Entwürfe denkt den Konstruktivismus weiter. Ähnlich wie beim Leipziger Messebau müßte sich der Besucher in einigen Modellen einen langen, relativ geraden Weg durch eine Röhre oder eine abstrahierte Welle (2. Preis) bahnen. Ein krasser Entwurf leugnet weitgehend die Differenz zwischen Büro-Schachtel-Komplex und Treibhaus.

Ein zweiter Typ von Entwürfen sucht die Verbindung von Geometrie und Irregularität. Da gibt es die Vision einer gigantischen, zeltartigen Stahlkonstruktion, an der das Gewächshausdach mit unregelmäßigem Gefälle aufgehängt wäre. „Für die Bremer zu spektakulär“, meinte einer der Verantwortlichen leicht resigniert.

Eine dritte Variante sucht die Analogie zum Objekt der Anstrengung, der Natur: ein quallenartiges Gewölbe, ein Seerose (von der Jury zum Glück als „zu disneyartig“ aussortiert) und vom Büro Günther Behnischs eine (mutig?) kitschige Blüte. Wulf liegt irgendwo zwischen zweitem und drittem Typ. Schmale Brückenkonstruktionen greifen tentakelgleich in die Landschaft. Wassergeschlänge umarmtdafür einen von fünf Treibhausröhren. Toll. Schade nur, daß das Wilhelm Kaisen-Treibhaus weg muß.

Sozialsenatorin Tine Wischer verstrahlt (Zweck?)-Optimismus. 2000 soll alles stehen. Die Finanzierung (40 Millionen, davon 25 für den Bau) schon im Herbst. Hoffentlich wird es kein langer. bk