■ Arafats Stellvertreter und Israels Verteidigungsminister trafen sich
: Die Suggestion von Bewegung

Die Rituale wiederholen sich, die Beschwörungsformeln auch. Und jeder weiß, daß der Schein trügt. Es gibt keinen Fortschritt im nahöstlichen Friedensprozeß. Das Treffen zwischen dem Arafat-Stellvertreter Mahmoud Abbas und Israels Verteidigungsminister Jitzhak Mordechai ist Kosmetik, mehr nicht. Es soll Bewegung suggerieren, wo doch nichts herrscht als Stillstand.

Ob er's nun hören will oder nicht, aber die Verantwortung dafür liegt allein bei Israels Ministerpräsident Netanjahu. Er weiß so gut wie jeder andere Akteur im nahöstlichen Minenfeld, daß es keine politische Alternative zu den Oslo-Vereinbarungen gibt. Und an einem weiteren israelischen Teilrückzug aus den besetzten palästinensischen Gebieten kommt auch Netanjahu letztlich nicht vorbei. Also feilscht er um Umfang und Zeitpunkt dieses Rückzugs, und das auf Teufel komm raus. Machterhalt geht für Netanjahu über alles. Da kann die US-Außenministerin flehen oder der US-Präsident bitten, Netanjahu bleibt sich selbst der Nächste.

Dabei werden seine Argumente auch durch ständige Wiederholung nicht überzeugender. Warum ein elfprozentiger Rückzug Israels Sicherheit nicht gefährdet, ein dreizehnprozentiger, wie ihn der US-Vorschlag vorsieht, aber wohl, bleibt Netanjahus Geheimnis. Seinen Siedlerfreunden ist jedenfalls schon jeder Prozentpunkt hinter dem Komma zuviel. Und dann die Mär von der palästinensischen Charta. Die PLO-Charta von 1968 wurde im Frühjahr 1996 annulliert, alle israelfeindlichen Artikel für null und nichtig erklärt. Dies ist ein Faktum, das von der israelischen wie der US-Regierung anerkannt wurde. Alles andere ist bloße Propaganda. Und eine neue Charta, wie sie das Hebron-Abkommen fordert, läßt sich schwerlich verabschieden, wenn das Gebiet nicht festgelegt werden kann, in dem sie Geltung haben soll. Auch die Forderung nach Auslieferung von verurteilten und in palästinensischen Gefängnissen einsitzenden Hamas- Mitgliedern kann nicht überzeugen, solange die israelische Regierung per Gesetz die Auslieferung von eigenen Staatsbürgern strikt verweigert.

Nichts käme Netanjahu derzeit gelegener als ein Anschlag der radikal-fundamentalistischen Hamas. Dies böte ihm die willkommene Gelegenheit, den fälligen Truppenrückzug auf Monate auszusetzen. Und es scheint, als sei Hamas willens, Netanjahu diesen Gefallen zu tun. Wenn sich aber die Extremisten beider Seiten in die Hand arbeiten, bleibt wenig Raum für politische Vernunft. Genau die aber wird im Nahen Osten dringender gebraucht als je zuvor. Georg Baltissen