„Wenn ich scheitere, gehe ich eben“

■ Interview mit Perus amtsmüdem Premierminister Javier Valle Riestra

Javier Valle Riestra ist das prominenteste Regierungsmitglied in Peru, das eine Wiederwahl von Präsident Alberto Fujimori ablehnt. Er ist seit knapp anderthalb Monaten Premierminister und das Gegenstück zu sämtlichen Ministern Fujimoris: Er kann reden, hat Persönlichkeit und eine eigene Meinung. Er kommt aus der sozialdemokratischen Apra und galt lange als Verfechter der Menschenrechte und der Demokratie. Seine Ernennung galt als Schachzug Fujimoris, um die Opposition zu schwächen. Allerdings hat Fujimori sämtliche wichtigen Behörden der Zuständigkeit des Premierministers entzogen, so daß Valle Riestra eigentlich gar keine Macht hat.

taz: Das oppositionelle Demokratische Forum hat 1,4 Millionen Unterschriften gegen eine Wiederwahl von Präsident Alberto Fujimori abgegeben. Wenn alle Unterschriften für gültig erklärt werden, muß die Regierung laut Verfassung ein Referendum über die Wiederwahl Fujimoris im Jahr 2000 abhalten. Wie werden Sie abstimmen?

Javier Valle Riestra: Ich bin für das Referendum, und meine Unterschrift ist unter den 1,4 Millionen. Ich denke aber, daß eine Verhinderung der Wiederwahl einfacher wäre, wenn man das entsprechende Gesetz schlicht abschafft. Aber wenn ich das fordere, sagt die Opposition nein.

Sie sind Minister im Kabinett von Fujimori und gegen seine Wiederwahl. Läßt er sich das bieten?

Fujimori und ich verstehen uns sehr gut. Und er hat mir zugesichert, daß ich die Freiheit des Wortes habe. Aber dem müssen dann konkrete Taten folgen. Und das habe ich bis heute noch nicht tun können. Es gibt sehr viel Widerstand von seiten der Opposition, und innerhalb der Regierung hat wohl niemand außer Fujimori große Sympathien für mich.

Wie auch? Mit dem Namen Valle Riestra verbinden viele einen Demokraten, und heute sitzt er als Minister in einer als autoritär geltenden Regierung.

Klar, daß man mich zum Minister gemacht hat, hängt damit zusammen, daß die Regierung so tun will, als wolle sie sich demokratisieren. Ich habe gesagt, daß ich mein Amt in das eines Ombudsmannes umwandeln will.

Ich will Peru demokratisieren. Und wenn das nicht geht, dann packe ich meinen Schreibtisch wieder zusammen und gehe.

Warum hat Sie Fujimori trotzdem so gern, daß er erst kürzlich Ihren Rücktritt nicht akzeptierte?

Ich kann es mir nicht erklären. Er ist im Privatleben ein netter Mensch, der sein Land liebt. Wir haben eine sehr freundschaftliche Bezieung. Er hat meiner Kritik zugehört. Und daß ich öffentlich die Regierung kritisiere, das sind eben meine Bedingungen. Wenn es ihm nicht paßt, trete ich eben zurück.

Aber als Minister helfen Sie mit, Fujimoris Staat zu verwalten.

Ich habe nichts unterschrieben, das antidemokratisch wäre, und ich werde nicht akzeptieren, so etwas zu tun. Ich bin ein Verteidiger der Menschenrechte, ein Gegner des Autoritarismus und des Militarismus. Wenn ich Erfolg habe, ist das gut. Wenn ich scheitere, gehe ich eben. Aber es ist schlecht, nichts zu tun und dabei zu scheitern. Interview: Ingo Malcher