Pogo vorm Penny-Markt

■ Der APPD-Wahlkampf-Mob war zu Gast in Bremen und verkaufte Devotionalien

Mike S. Froidl, Außenminister im Falle eines Wahlsieges der Anarchistischen Pogo-Partei Deutschlands (APPD), muß immer wieder den durch die Luft pfeifenden halbleeren Bierdosen ausweichen, die von den billigen Plätzen ganz hinten in Richtung Rednerpult geworfen werden. Warum, das ist nicht so ganz ersichtlich. Doch der über und über mit repräsentativen Tatoos übersähte Politiker kann mit den Zielwerfern gut umgehen. „Saufen, saufen, saufen“, lädt er die Sitzenden zum gemeinsamen Skandieren von einem der Parteigrundsätze ein. Oder auch: „Nie wieder Arbeit“. Oder auch: „Vorwärts mit der APPD“.

Der Wahlkampf-Mob der APPD, „Legaler Arm der Chaos-Tage“ und zur Bundestagswahl zugelassen, hielt seine erste Bremer Wahlkampf-Veranstaltung. Stilecht vor dem Penny-Markt im O-stertorsteinweg, am sonnigen Montag nachmittag. Das hauptsächlich buntbehaarte, lederbejackte Wahlvolk war zu Dutzenden gekommen und lies sich auf den Pflastersteinen zwischen den Bistro-Tischen nieder, um den vier angereisten Ministern und Ministerinnen des Schattenkabinetts der APPD zu lauschen. Christoph Schlingensieff von der „Chance 2000“ wird inzwischen als „Minister für Rückverdummung“ gehandelt. Doch ebenso wie der Kanzlerkandidat Karl Nagel war er bei der Veranstaltung vor dem Penny verhindert.

Die Innenministerin in spe, Nina Corda, war da. Sie leitet den Bremer Landesverband. Erste Forderung: Polizei abschaffen. Zweite Forderung: angemeldete Demos verbieten. „Wer demonstrieren will, soll das sofort tun.“ Von einer Gesellschaft unter APPD-Herrschaft hat Corda genaue Vorstellungen. Sie hat Schaubilder von der Parteizeitung zur Verfügung gestellt bekommen, mit deren bunten Grafiken das zukünftige Gesellschaftskonstrukt an die Massen verkauft werden soll. Asoziale, Punker und Arbeitsscheue würden in der APZ, der „Asozialen-Parasiten-Zone“ leben. Die SBZ, „Sichere Beschäftigungs-Zone“ wäre für linke und rechte Spießer reserviert. In den GEPs schließlich, den „Gewalt-Erlebnis-Parks“, werden Nazis, Gewalttäter und Psychopathen tun und lassen können, was sie wollen. Innensenator Ralf Borttscheller (CDU) und die Bremer Polizei, klarer Fall für Corda, gehören in einen GEP. Zustimmendes Gegröle und vereinzeltes Rülpsen beim Publikum.

Bremen ist strategisch wichtiges Pflaster für die in Hamburg sitzende Parteiführung. Nicht nur, daß die Innenministerin Hanseatin ist. Auch die Geldquelle der Partei sitzt in Bremen. Vor allem das T-Shirt mit dem Aufdruck „Arbeit ist Scheiße“ sei ein Renner, berichtet Andreas vom Bremer Weser-Label, der als Verteiler für die Parteidevotionalien arbeitet. „In der ganzen Bundesrepublik haben wir tonnenweise Zeug verkauft“, freut er sich. München, Hamburg, Berlin seien Schwerpunkte des Vertriebs, der Osten eher mau. Die T-Shirts sind eine wichtige Einnahmequelle für den Wahlkampf. Die potentielle Bildungsministerin zum Beispiel „hat ihren Fernseher und ihre Anlage versetzt, um hier sein zu können“, berichtet Außenminister Froidl von den Aufopferungen für die Politik.

Doch das soll sich lohnen: „Wir wollen eure Kohle!“ ist Roy Bambino Hoaks Message. Mit seinen 53 Kilo will er Landwirtschafts- und Ernährungsminister werden, weil das einen netten Kontrapunkt gegen die früheren fetten Minister setzten würde. Und überhaupt: Die APPD will bei der Bundestagswahl keine 5 Prozent wie 1994 im Hamburger Stadtteil St. Pauli erreichen. 0,5 Prozent sind ihr genug. Dann nämlich gibt es Wahlkampfkostenhilfe. Die Erlöse, so das einzige realistische Wahlversprechen, sollen in eine riesige Freibierfete investiert werden. Christoph Dowe