Mit Werbung gegen den Alkohol

■ Bremen plant mit anderen Bundesländern eine Werbeaktion gegen Alkoholismus / Bürgerschaft debattierte über Alkoholsucht

Rolf Günther will kein „Abstinenzapostel“ sein – aber der Psychologe von der Bremer „Suchtprävention“ findet es „super, daß das Problemthema Alkohol nach langer Zeit mal wieder in die Öffentlichkeit kommt“. In der Hansestadt sind bis zu 20.000 Menschen alkoholabhängig. Trotzdem wird Alkohol im Vergleich zu illegalen Drogen „immer wieder bagatellisiert“, kritisiert er. Damit sich das ändert, plant Bremen jetzt mit vier norddeutschen Bundesländern eine Öffentlichkeitskampagne – neben weiteren Projekten, die der Senat jetzt in einer Antwort auf eine Anfrage der SPD-Fraktion bekanntgab.

Die SPD-Fraktion hatte das Thema Alkoholsucht gestern sogar auf die Tagesordnung der Bürgerschaft gehievt – um im Parlament die jüngsten Forderungen der Gesundheitsministerkonferenz zu diskutieren. Die GesundheitsministerInnen hatten im letzten Jahr Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer (CSU) unter Druck gesetzt – und höhere Steuern und Preise für alkoholische Getränke, eine 0,0 Promillegrenze beim Führerschein auf Probe sowie ein reduziertes Angebot an Tankstellen eingefordert.

Doch während die SPD-Gesundheitspolitikerin Waltraud Hammerström dies im Parlament ausdrücklich begrüßte, forderte der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Dieter Gerdes in Bremen zum „gemeinsamen Kampf gegen Alkoholexzesse auf“ – um volltrunkene Jugendliche auf 1.Mai-Festen am Sielwall zu vermeiden. Sein Credo lautete deshalb: Her mit einem neuen Ortsgesetz für Bremen, das Trinken in der Öffentlichkeit einschränkt. Die SPD solle dem endlich zustimmen. Doch darauf ging die SPD-Frau nicht ein. Dafür aber auf den CDU-Bürgerschaftsabgeordneten Jens Eckhoff. „Ich finde das gar nicht witzig“, konterte sie, als dieser in einem Zwischenruf forderte, „das Ganze doch bei einer Flasche Wein zu diskutieren.“

Das Thema Alkoholsucht scheint also weiterhin politisch umstritten zu sein. So meint zum Beispiel der Bremer Drogenbeauftragte Ingo Michels: „Man könnte sogar auf Landesebene etwas tun und zum Beispiel eine kommunale Getränkesteuer einführen. Aber das muß natürlich politisch gewollt sein“. Das ist es aber offensichtlich nicht: Bei Alkoholsteuern hätten nicht die Länder, sondern vor allem der Bund das Sagen, heißt es klar und deutlich in der Senatsantwort auf die SPD-Anfrage. Und weiter: Die Alkoholindustrie sei außerdem ein Wirtschaftsfaktor: „In Bremen befindet sich eine große Brauerei“.

Und so setzt Bremen vorerst lieber auf Öffentlichkeitskampagnen. Und auf mehr Augenmerk auf die Schulen: So zeigen erste Ergebnisse einer Befragung unter 1.400 Bremer SchülerInnen vom Bremer Institut für Drogenforschung (BISDRO): Fast 70 Prozent der unter 14jährigen trinken manchmal Alkohol, 3,3 Prozent regelmäßig. Wenn die Studie fertig ausgewertet ist, sollen die Ergebnisse in den Schulen diskutiert und Projekte für betroffene Jugendliche vorbereitet werden.

Die Federführung dafür übernimmt das Team der „Suchtprävention Bremen“ aus der Bildungsbehörde, das Schulen in Präventionsfragen berät. „Wir müssen begreifen, daß Prävention uns alle etwas angeht: Experten, LehrerInnen, Eltern und Sportvereine“, findet der Teampsychologe Rolf Günther. Und so sei die Bremer Kampagne erstmal ein „guter Weg, um wieder eindringlich darauf hinzuweisen.“

kat