Rechte auf dem Marsch ins Parlament

■ Studien belegen: Das rechtsextreme Potential in Berlin liegt bei etwa 11 Prozent der Bevölkerung. Forsa-Chef sieht Wahrscheinlichkeit für DVU oder "Republikaner" im nächsten Abgeordentenhaus nach den Wa

Der Einzug einer rechtsextremen Partei in das nächste Berliner Abgeordnetenhaus wird wahrscheinlicher. Er sehe die Gefahr, daß entweder den „Republikanern“ (Rep) oder der „Deutschen Volksunion“ (DVU) bei den Berliner Wahlen im Herbst 1999 der Sprung über die Fünfprozenthürde gelingen könne, sagte der Geschäftsführer des Meinungsforschungsinstutes Forsa, Manfred Güllner, gegenüber der taz.

Bereits jetzt liege das rechtsextreme Wählerpotential bei „3 bis 5 Prozent“. Mit entsprechender Werbung und wenn die anderen Parteien dem Trend nicht entgegenwirkten, könnte besonders die DVU „wie bei der Wahl in Sachsen-Anhalt zulegen“. Dort hatte die Partei bei den Landtagswahlen im April statt der prognostizierten 6 Prozent fast 13 Prozent der Stimmen erlangt.

Bei den aktuellen Umfragen liegen die rechtsextremen Parteien Rep, DVU und NPD insgesamt nur bei 3 Prozent. Das aber würde sich an einem Wahltag schlagartig ändern, meint Güllner.

Laut einer Studie der „Deutschen Paul-Lazarsfeld-Gesellschaft“ und des Otto-Suhr-Instituts der FU von Anfang Juli gibt es in der deutschen Bevölkerung ein rechtsextremes Potential von 13 Prozent. In Berlin gelten nach der Studie 11 Prozent der Wahlberechtigten als potentiell rechtsextrem – die allerdings zum großen Teil die CDU und die SPD wählen. „Die Frage ist, wieviel dieses Potentials die Rechtsextremen mobiliseren können“, so Güllner.

Zumindest die DVU hat angekündigt, daß sie im Bundestagswahlkampf in Berlin ähnlich massiv auftreten will wie bei der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt. Dort hatte die Truppe des Münchener Verlegers Gerhard Frey drei Millionen Mark in den Wahlkampf gepumpt und vor allem junge Männer gezielt und erfolgreich mit rassistischen Parolen angeschrieben. Nach eigenen Angaben hat die Berliner DVU 650 Mitglieder, besonders nach der Wahl von Sachsen-Anhalt habe man im Osten Zulauf. Der Verfassungschutz zählt für die DVU 500, für die Reps 850 Mitglieder in Berlin.

„Die Reps sind hier viel bekannter als die DVU, deshalb gibt es für die DVU bisher kaum Ergebnisse bei Umfragen“, sagt Forsa-Chef Güllner.

Sein Institut werde deshalb vor den nächsten Wahlen die Umfragemethode ändern und in den letzten Wochen vor der Wahl nicht mehr Reps, DVU und NPD in einer Rubrik zusammenfassen, sondern gezielt nach der DVU fragen. Denn für die DVU könnte sich die Situation der Abgeordnetenhauswahl 1989 wiederholen, als die Reps aus dem Stand 7,5 Prozent erreichten. Der Rechtsextremismusforscher Richard Stöss dagegen traut DVU und Reps jeweils 4 Prozent zu. Doch für ihn werden sie sich die entscheidenden Prozente jeweils gegenseitig abjagen.

Vor allem bei jungen Männern im Osten zeigt sich nach der Lazarsfeld-Studie die rechtsextreme Einstellung deutlich: Zwischen 15 und 20 Prozent der 14- bis 44jährigen zeigen eine rechte Gesinnung. Eine Untersuchung des Zentrums für Europäische Bildungsforschung der FU vom Juni wies bei Auszubildenden ebenfalls rechte Präferenzen nach: Im Osten gaben 20, im Westen 10 Prozent der Azubis an, Reps, DVU oder NPD wählen zu wollen. Bernhard Pötter