Gemetzel im Roten Meer

■ Saudiarabische und jemenitische Soldaten bekämpfen sich wegen einer winzigen Insel

Kairo (taz) – Der Zwist um die Grenze zwischen dem reichsten und dem ärmsten arabischen Land hat Tradition. Seit über einem halben Jahrhundert streiten sich das Königreich Saudi-Arabien und dessen südlicher Nachbar Jemen über die Linie, die die beiden Länder auf der arabischen Halbinsel trennen soll. Nun hat sich der Konflikt erneut verschärft.

Das corpus delicti ist diesmal eine kleine Insel im Roten Meer, um die in den letzten Tagen mit Waffengewalt gefochten wurde. Drei auf dem nur fünf Quadratkilometer großen Eiland al-Duwaimah stationierte jemenitische Grenzsoldaten wurden dabei am Montag erschossen.

Der saudische Innenminister, Prinz Najif Ben Abdal-Asis, wirft den Jemeniten vor, das Feuer eröffnet zu haben. Jemens Präsident Ali Abdallah Salih behauptet dagegen, die saudische Marine habe die Insel mit Raketen beschossen.

Vor allem der Golfkrieg, mit dem Jemen im „Pro-Saddam-Hussein-Lager“ und Saudi-Arabien an der Seite der „Anti-Irak-Allianz“, hatte zum Tiefpunkt der Beziehungen beider Länder geführt. Eine Million in Saudi-Arabien lebende jemenitische Arbeiter wurden damals kurzerhand nach Hause geschickt.

Eine jemenitisch-saudische Kommission, die in der Grenzfrage einen Ausgleich finden sollte, konnte bisher keine konkreten Ergebnisse vorweisen. Vor drei Jahren kam es fast zum Krieg, als 20.000 saudische Soldaten und Hunderte Panzer in Jemens nördliche Grenzregion eindrangen.

Der eigentliche Grund des Konfliktes, die Uneinigkeit über den Verlauf vor allem des westlichen Teils der 2.000 Kilometer langen Grenze, ist ungelöst. In dem Gebiet werden große Erdölvorkommen vermutet. Und für den Jemen steht noch mehr auf dem Spiel. So verhindert Saudi-Arabien bisher, daß der Nachbarstaat in den Golfkooperationsrat aufgenommen wird, dem ansonsten alle anderen Länder der arabischen Halbinsel angehören. Karim El-Gawhary