„Die Staatsausplünderung wird verlängert“

■ Nigerias Oppositionsführer Gani Fawehinmi über General Abubakars Demokratisierungspläne

taz: Was halten Sie von den Plänen des Staatsoberhauptes Abdulsalam Abubakar?

Gani Fawehinmi: Die Pläne der Junta sind für uns unglaubwürdig. Sie werden nur zu weiteren massiven Problemen und Auseinandersetzungen führen. Es ist jetzt offiziell, daß die Staatsausplünderung durch die Militärbanditen voraussichtlich um ein Jahr verlängert wird. Abubakar weist darauf hin, daß die zukünftigen Wahlen unter der Verfassung von 1995 abgehalten werden sollen – diese Verfassung hat bisher niemand sehen können. Außerdem kann eine solche Verfassung, die vom Regime selbst ausgearbeitet wurde, nicht für allgemeingültig erklärt werden, denn das angebliche Dokument stammt nicht vom Volk. Also: Wahlen für wen? Von Wahlen unter diesem Regime möchte man in Nigeria nichts mehr wissen. Die Zeit der Militärs ist abgelaufen. Wir sind enttäuscht von Abubakars Ansprache, stellen uns aber auf eine ungeheure Machtprobe mit den Militärs ein.

Wie stellen Sie sich diese Machtprobe vor?

Wir treffen uns diese Woche, um weitere Strategien gemeinsam zu besprechen. Aber ich kann Ihnen sagen, daß diese machthungrigen Staatsbanditen durch ihr Vorhaben Selbstmord begangen haben. Wir werden alle denkbaren Wege ausschöpfen, um die Militärs in die Wüste zu schicken und die drohende Auflösung des Staates zu vermeiden.

Was meinen Sie mit einer Auflösung des Staates?

Haben Sie die jüngsten Ereignisse nicht verfolgt? Stimmen für die Auflösung des Staates werden immer lauter. Im Gegensatz zu den Presseberichten stammen diese Stimmen nicht nur aus dem Yoruba-Land allein. Die Menschen haben die Militärclique einfach satt. Sie fühlen sich dominiert, unterdrückt und betrogen.

Die vom Regime angekündigte Freilassung aller politischen Gefangenen wird in Europa als eindeutiges Zeichen für ehrliche Demokratisierungsbemühungen und Versöhnung seitens der Junta betrachtet.

Die angeblichen Freilassungen sind nur kosmetische Schritte. Trotz der angekündigten Freilassungen bleibt das „Dekret Nummer zwei“ bestehen, nach dem jeder unbefristet inhaftiert werden kann, wenn aus Sicht der Junta eine Bedrohung der Staatssicherheit oder der Wirtschaft vorliegt. Dies bedeutet: Während einige freigelassen werden, werden sicherlich andere in der nächsten Zeit festgenommen – besonders, da wir uns einer verstärkten Machtprobe nähern. Die Junta weiß genau, wie man die Krise rasch beenden könnte. Aber da sie Zeit für ihren Machterhalt gewinnen möchten, spielen sie das alte Katz-und-Maus-Spiel weiter: Sie kommen an die Macht und sagen immerzu, daß sie nur kurz an der Macht bleiben wollen. In Wirklichkeit und aus Erfahrung heißt diese kurze Zeit mindestens fünf Jahre – bis andere Offiziere die Macht übernehmen. Interview: Peter Donatus