Zwischen Bürgerinis und warnenden Ökologen

■ Weiter Streit über Verlegung des Knastes Neuengamme nach Billwerder-Moorfleet

Durch die beiden Wiesen zieht sich eine Autobahn. Über die beiden Wiesen ist ein Streit entbrannt. Lore Maria Peschel-Gutzeit bezieht Position. Erst, indem sie sich mit dem Rücken zu dem Gelände stellt, das sie für den Gefängnis-Neubau ablehnt und das der Bezirk Bergedorf präferiert. Dann verbal: „Den anderen Standort jenseits der Autobahn hält der Senat für den optimalen Platz. Er findet in Bergedorf jedoch nicht die Mehrheit.“

Hamburgs SPD-Justizsenatorin bereist Bergedorf an diesem Morgen in ihrem Zweit-Amt als Bezirkssenatorin. Als solche will sie sich vor Ort Eindrücke verschaffen. Auf den Wiesen in Billwerder-Moorfleet überlappen sich ihre beiden Ressorts. Beschlossen ist längst, daß in dem Stadtteil ein Gefängnis-Neubau errichtet werden soll. Denn die Justizvollzugsanstalt (JVA) auf dem Gelände des ehemaligen KZ Neuengamme soll geschlossen, die Abteilung für den Offenen Strafvollzug soll verlegt werden. Das beschloß der Hamburger Senat schon Anfang der neunziger Jahre.

Längst haben sich ArchitektInnen in einem Wettbewerb um die bedarfsgerechteste und landschaftsverträglichste Gestaltung beworben, längst ist der Bebauungsplan in Arbeit. Und im Justizhaushalt ist Geld für den Neubau eingeplant. Im Jahr 2000 wird die erste Rate fällig, drei Jahre später soll der 96 Millionen teure Neubau stehen.

Doch was lange gärt, wird noch lange nicht gut, findet der Bezirk Bergedorf und meldete Bedenken gegen den Standort an. Zunächst über die AnwohnerInnen. Die fürchten einen Knast vor der eigenen Haustür. „Wir werden nirgends geduldet“, seufzt denn auch Peschel-Gutzeit. „Überall, wo eine JVA gebaut werden soll, bilden sich Bürgerinitiativen dagegen.“ Auch in Billwerder – obgleich das Gelände fernab einer menschlichen Siedlung liegt.

Dann verweigerte sich auch die Bezirksversammlung dem Wunsch des Senates. Die örtlichen PolitikerInnen schlugen einen anderen Standort vor, nämlich jenes andere Feld östlich der Autobahn. Taktisch geschickt bugsiert Bezirksamtschefin Christine Steinert (SPD) die Justizsenatorin auf ihrer Rundreise zu dieser Bergedorfer Wunschwiese, um deren Vorteile direkt vor Ort anpreisen zu können. Doch selbst aus diesem Schachzug vermag die Senatorin Kapital zu schlagen. Denn unübersehbar ragen die Sendemasten des NDR in den Himmel. Peschel-Gutzeit weist denn auch prompt auf sie und auf „unsere grünen Politiker“, die gewarnt hätten, daß um die Masten herum Elektrosmog in der Luft und dieser den Gefangenen nicht zuzumuten wäre.

Dennoch will der Senat beide Standorte prüfen. Auch gibt es Über-legungen, verriet Peschel-Gutzeit, den Offenen Strafvollzug in Billwerder etwas anders aussehen zu lassen. „Es könnte eventuell sinnvoll sein, in Hamburg eine Anstalt des Offenen Vollzuges zu haben, die etwas gesicherter ist“, deutet sie vorsichtig an – und nennt als Beispiel einen Wassergraben vor dem Gefängniszaun. Elke Spanner