Auf Berlins Friedhöfen liegt der Hund begraben

■ 76 Prozent der Berliner entscheiden sich für die Feuerbestattung. Um diesen Trend zu stoppen, wollen Friedhofsverwalter und Bestattungsunternehmer ihr Angebot attraktiver machen

In Zukunft sollen die Berliner ihr geliebtes Haustier mit ins Grab nehmen dürfen. Zumindest wenn es nach der Arbeitsgemeinschaft Friedhöfe in Deutschland (AFD) geht. Die hat nämlich festgestellt, daß die Berliner Totenkultur in Gefahr ist. „In Berlin vollzieht sich ein Wandel von der Beerdigung zur Einäscherung, von der Trauerfeier zur anonymen Bestattung“, lamentiert Richard Mitschke, Leiter der Berliner Landesgruppe der AFD. 76 Prozent der Berliner entscheiden sich für die Feuerbestattung, Tendenz steigend.

Eine Erneuerung des Berliner Friedhofssystems ist nach Meinung der AFD dringend nötig. Das Angebot der städtischen Friedhöfe müsse attraktiver, Beerdigungen vielfältiger gestaltet werden. „Nur 13 Prozent derer, die auf Berliner Friedhöfen beigesetzt werden, nutzen die vorhandenen Kapellen für die Trauerfeier“, so Peter Lange vom Verband Deutscher Bestattungsunternehmen (VDB), zugleich Chef des Bestattungsriesen Grieneisen und des Berliner FDP- Landesverbands. Grund sei der schlechte Zustand der Anlagen, die hohen Kosten der Organisation sowie die Tatsache, daß Trauerfeiern nur einmal wöchentlich möglich sind.

Nach Langes Meinung könne eine andere Form der Trägerschaft das Dienstleistungsangebot der Friedhöfe verbessern. Denkbar wären Verbände, Organisationen sowie Glaubens- oder Religionsgemeinschaften, welche die Friedhöfe unter kaufmännischen Gesichtspunkten führen könnten.

Der VDB würde sich sofort bereit erklären, die städtischen Friedhöfe zu kaufen, wenn dies rechtlich möglich wäre, meint Lange. Die Einrichtung einer Cafeteria und einer Kinderbetreuung, die Einschränkung vorhandener Bestimmungen zu Grabmälern, Bepflanzung und Heckengröße sowie die Öffnung der Friedhöfe für individuelle Bestattungswünsche wären dann möglich.

Die AFD ist überzeugt, daß die Zulassung von Tierbestattungen die Berliner Friedhöfe attraktiver machen würde. Alte Menschen wären beruhigt, wenn sie nicht nur sich und ihren verstorbenen Partner, sondern auch ihren Dackel nach dessen Tod in Sicherheit wüßten, meint Richard Mitschke von der Arbeitsgemeinschaft Friedhöfe. In Zukunft solle jeder Berliner Friedhof einen abgegrenzten Bereich für tote Haustiere anlegen.

Johann Weber vom Verband der Friedhofsverwalter Deutschlands ist sicher, daß es früher oder später eine Privatisierung der Friedhöfe geben wird. In Zukunft könnte sich der Berliner also nach einem mexikanischen Bestattungsritual neben seiner Katze beerdigen lassen, während die Kinder der Angehörigen im friedhofseigenen Kindergarten spielen und die Freunde einen Grabstein aus pinkem Plexiglas aufstellen.

Um die Ausweitung der billigen anonymen Beisetzungen zu stoppen, will der AFD die Friedhofsgebühren anders gestalten. Die anonymen Urnenfelder sollten nicht länger preisgünstiger als feierliche Beerdigungen sein, da viele Angehörige unter dieser Art der Bestattung litten, so der AFD.

Dann besteht auch nicht länger die Gefahr, daß die Berliner sich nach ihrem Tod verbrennen lassen und ihre Asche dann pietätlos über dem Fußballrasen ihrer Lieblingsmannschaft verstreut wird. Vanessa Erhard