Kind & Rad & Sonnenschein

Ein Fahrradausflug ohne Auto rund um Hamburg ist nicht nur umweltfreundlich und billig – er macht auch Spaß  ■ Von Florian Marten

Wer Samstagmittags einen Blick auf die Einfahrt zum Elbtunnel wirft und die Karawanen von Caravans & Kombis beobachtet, die dort mit Klappfahrrad und Quengelkids den schönsten Teil der Woche in Angriff nehmen, kann unschwer hochrechnen, daß die HamburgerInnen zum Ausbruch ins Grüne das Fluchtfahrzeug Auto bevorzugen.

Wer Wanderparkplätze, Rundtouren und Staurituale satt hat, dem gelingt die Stadtflucht allerdings auch auf weit erlebnisreichere und ökologischere Art: zum Beispiel mit dem Elbe-City-Jet nach Stader Sand, von dort per Rad entlang an der Elbe und durchs Alte Land nach Buxtehude (Regional-Bahn), Neugraben (S-Bahn) oder Finkenwerder (Hapag-„Dampfer“). Oder per U-Bahn nach Großhansdorf und von dort quer durch Rapsfelder und Eichenwälder nach Trittau, Glinde und Reinbek (S-Bahn).

Es gibt in Norddeutschland mehr Fahrräder als Autos – und an sonnigen Sommerwochenenden kann man auf kleinen Sträßchen und Sandwegen rings um Hamburg mittlerweile tatsächlich den Eindruck erhalten, sie würden sogar benutzt. Neben Glotze, Heidepark, Spaßbad, Gartengenörgel und Auto-Kurztrip hat sich in den vergangenen Jahren das Wochenendvergnügen mit dem Fahrrad klammheimlich, aber unaufhaltsam gerade auch bei Ausflügen mit Kindern ausgebreitet.

Vernunftgründe allein können dafür kaum verantwortlich sein. Zwar sind Kinder auf dem Fahrrad immer noch erheblich ungefährdeter als im Auto, zwar gehört das Bewegen im Raum gekoppelt mit dem Gleichgewichtsbedarf des Radfahrens zum effektivsten Training von räumlicher Intelligenz und dynamischem Körpergefühl – doch als erzieherisch verordnete „Schule der Nation“ hat der Wochenend-Fahrradausflug heute glücklicherweise keine Chance mehr.

Er muß Spaß machen – und „funktionieren“. Und da hat sich tatsächlich ganz viel verbessert: Ob Radkarten oder Fahrradwegnetze, Wochenendticket oder kostenlose Radmitnahme im HVV, Fahrradabteile in Zügen oder Fahrradmitnahme in manchen Buslinien – die Infrastruktur ist ganz erheblich fahrradfreundlicher geworden. Und die Fahrräder selbst sind – samt Kindersitzen, Anhängern, Kleidung und Zubehör – wesentlich menschenfreundlicher geworden: Besseres Material sorgt für weniger Pannen, bessere Fahrradkonstruktionen für leichteres und ergonomischeres Fahren.

Bleibt die Tour selbst: Statt mit dem Auto und den Rädern auf dem Dach zu einem langweiligen Rundradweg aufzubrechen, ist eine Fahrt in der Kombination mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht nur umweltfreundlicher, sondern meist auch spannender: Während Rundwege die Fortbewegung so offenkundig als reinen Selbstzweck entlarven, haftet Touren mit Ausgangspunkt und Ziel immer auch ein bißchen der Touch von Entdeckungsreise an. Besonders im Norden von Hamburg ist das Angebot öffentlicher Verkehrsmittel so dicht, daß sich Touren auch spontan verlängern und verkürzen lassen. Raum„erfahrung“ und Umweltentdeckung lassen sich so lustvoll erleben.

Vor einer Krankheit gerade männlicher Tourenplaner sei allerdings gewarnt: Zu weite Strecken und zu enge Zeitpläne können den Spaß töten und das Wochenende zur Fortsetzung des Alltagsstresses mit anderen Mitteln verkommen lassen. 30 bis 40 Kilometer (zwei bis drei Stunden reine Radelzeit) sollte man am Anfang nicht überschreiten – diese Entfernung schafft dann allerdings auch fast jeder. Gerade für Touren mit Kids gilt: Weniger Kilometer sind oft mehr Spaß. Zeit für Pausen, Picknick, Spiele und andere Action (z.B. Paddeln in Ratzeburg) sollte ausreichend vorhanden sein.