Zurück in das gute, alte Bremer Reihenhaus-Idyll

■ Hilfe beim „Bremer Haus“-Bau: Der Senat startet ein Sanierungsprogramm für private Hausbesitzer, damit die alten Fassaden wieder zum Vorschein kommen

Holztreppenhäuser, stuckverzierte Fassaden, große Küchen im Tiefparterre und winzige Vorgärten – die Rede ist, wer hätte es geahnt, vom Bremer Haus. Von dem „Bremer Haus“, genauer gesagt. Bereits beim Geburtstag von „Haus und Grund Bremen e.V.“ im März verkündete Bürgermeister Scherf einmal mehr, wie wichtig das Bremer Haus für Bremens Stadtbild und Geschichte sei. Nun startet das Land Bremen das Förderprogramm „Bremer Ausbau – Qualitätsoffensive für das Bremer Haus“.

Alles begann vor 150 Jahren: Nachdem 1848 die Vorstädte eingemeindet wurden und Torsperren im folgenden Jahr wegfielen, begann der Bau von Bremer Häusern in großem Umfang. Bauunternehmer legten dafür extra Straßen an, weshalb sie schnell den Namen „Unternehmerstraßen“ erhielten. „Zu den positiven Eigenheiten gehört der individuell nutzbare rückwärtige Garten – beim Massenwohnungsbau des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts durchaus keine Selbstverständlichkeit“, und oft habe selbst in den Arbeiter- und Kleinbürgerquartieren sogar ein Vorgarten dazu gehört, beantwortete Anfang Juli der Bremer Senat eine große Anfrage der CDU und SPD in der Bürgerschaft nach der Bedeutung des Bremer Hauses.

Also soll nun Geld locker gemacht werden, um viele verschandelte Bremer Häuser wieder auf Vordermann, soll heißen in den alten historischen Zustand, zu bringen. Grundlage dafür ist die kürzlich veröffentlichte Studie „Mehr als nur Fassaden – Bremer Haus – Schicksale“ aus der Feder einer ganzen Reihe von Instituten und Firmen. Daraus geht hervor, daß eine große Zahl der Bremer Häuser, teils aus Sanierungsgründen, teils durch den Geschmack der 60er und 70er Jahre, kaum noch als solche erkennbar sind. So wurden zum Teil kleinere Fenster zu einem großen zusammengelegt, aus Wärmeschutzgründen wurden Häuser mit Fliesen oder Kunststoff verblendet oder einfach neu verputzt.

Das soll nun anders werden – das Bremer Haus soll wieder zum „Bremer Haus“ werden. In den letzten Jahren habe das Wohlfühlen in den Wohnquartieren oder Vierteln wieder eine stärkere Rolle gespielt, heißt es dazu in der Antwort des Senats an die Bürgerschaft: „Bei einer Bewertung schneiden in der Rangfolge Schwachhausen, Barkhof, Peterswerder sowie, im Vergleich mit anderen weniger bürgerlich geprägten Ortsteilen, das Buntentorviertel besonders gut ab.“ In den drei erstgenannten Quartieren seien rund 30 Prozent der Bremer Häuser in sehr gutem Zustand. Auch das Buntentorviertel stehe noch ganz gut da.

Anders sehe es jedoch in Woltmershausen aus, wo lediglich 2,8 Prozent der Bremer Häuser positiv auffallen würden. Deshalb bestünde dort – in Walle, Haststedt, Osterfeuerberg, Ohlenhof, der Südervorstadt und in Findorff – dringend Sanierungs- und Remodernisierungsbedarf.

Das soll jetzt vom Senat und verschiedenen Stellen finanziell angeschoben werden, damit das Bremer Haus wieder zum „Bremer Haus“ wird und die Bewohner die Identität ihres Stadtteils wieder verspüren, die in den letzten Jahren immer lauter vermisst wurde. Dafür teilen sich die Architektenkammer, die Landesbausparkasse, Haus und Grund e.V. und die Gewoba die Kosten einer Anschubfinanzierung von 47.000 Mark. Der Senator für Bau und Stadtentwicklung und das Wirtschaftsressort haben „Mittel in Höhe von 15.000 und 20.000 Mark vorbehaltlich des Zustandekommens der Gesamtfinanzierung verbindlich zugesagt“, erklärt der Senat die Finanzierunghilfe für sanierungsfällige oder umzubauende Bremer Häuser.

Außerdem wird die LBS Bremen ein Sonderkreditprogramm für städtebaulich verträgliche Sanierungsmaßnahmen anbieten. Ein Wettbewerb für „gelungene Maßnahmen zur Revitalisierung fehlmodernisierter Bremer Häuser“ soll das schönste wiederhergestellte Bremer Haus prämieren.

Denn, so heißt es: „Von allen deutschen Städten dominiert nur in Bremen ein Reihenhaus den Wohnungsbau der Zeit bis zum zweiten Weltkrieg: Das Bremer Haus.“ Dieses mache Bremen zur Stadt menschlicher Maßstäbe, der Hausgärten, Wintergärten und Souterrains und biete eine individuelle Wohnform mit Tradition, die für moderne Stadthäuser Pate stehen könnte.

Sven Kuhnen