Zoff unter den Bremer Museumsdächern

■ „Komplizierte Gefechtslage“: Betreiber von zwei Bremer Museen haben die Stadt verklagt /Auch die Direktoren anderer Häuser streiten jetzt mit der Kulturbehörde über ihre Zukunft

Der Atlantiküberflieger Baron von Hünefeld ist geduldig. Als Büste steht er neben den Köpfen anderer BremerInnen im neugestalteten Focke-Museum und läßt die BesucherInnen in ironischer Langmut an sich vorüberziehen. Ihm kann es egal sein, unter welchem Dach er ausgestellt wird und in welcher Rechtsform das dazugehörige Haus organisiert ist. Doch genau darüber wird hinter den Kulissen der Bremer Kulturpolitik heftig gestritten. Und dies nicht nur über das Focke-Museum, sondern über fast alle Museen der Stadt (siehe auch S. 23).

Die kulturpolitische Sprecherin der SPD, Carmen Emigholz, charakterisiert die Lage im Museumsbereich mit militärischem Vokabular: „Die Gefechtslage ist außerordentlich kompliziert“, sagte sie am Donnerstag abend bei einer Anhörung zum Thema. Und gefochten wird mit vielen Mitteln.“

Für die gerade sanierte Kunsthalle hat der Kunstverein die Stadt Bremen verklagt. Der mit derzeit 2,9 Millionen Mark bezuschußte Kunstverein pocht auf Zusagen über 1999 hinaus. Vor allem fordert er, unter Berufung auf einen 1921 geschlossenen und 1955 bestätigten Vertrag, die volle Übernahme der Personal- und Betriebskosten. „Diese Einschätzung teilt die Stadt nicht“, sagt Rainer Gausepohl, Sprecher der Kulturbehörde, auf Anfrage. Auch die Gerhard-Marcks-Stiftung zieht jetzt gegen die Bremer Kommune vor das Verwaltungsgericht. Die Stiftung, die mit einem Zuschuß von 400.000 Mark im Jahr das Gerhard-Marcks-Haus unterhält, hat laut Satzung eine Garantie auf volle Kostenübernahme. Gestritten wird aber über den Bedarf: „Die Stiftung fordert 750.000 Mark, die Stadt sieht den Bedarf aber bei höchstens 500.000 Mark“, erklärt Gausepohl.

Außergerichtlich wird dagegen über die Zukunft von Übersee- und Focke-Museum gerangelt. Beide Häuser sind derzeit noch nachgeordnete Dienststellen der Kulturbehörde. Sie sollen in Stiftungen überführt werden. Damit hört jedoch der Konsens zwischen Behörde und Museen auf.

„Wir sollen eigenständig und zugleich viel stärker kontrolliert werden“, faßt der Leiter des Focke-Museums, Jörn Christiansen, den Streit zusammen. Christiansen und seine Kollegin vom Übersee-Museum, Viola König, plädieren für die Gründung privatrechtlicher Stiftungen. Diese Stiftungen wären dann Eigentümer von Immobilien und Sammlungen. Und sofern die Satzungen entsprechend formuliert sind, wären sie vor jährlichen Kürzungsrunden einigermaßen sicher.

Doch das ist der Behörde ein Zuviel an Eigenständigkeit und Festlegung. Die Lenkungsgruppe zur Reform der Kulturförderung propagiert die Form Stiftung öffentlichen Rechts. Die Sammlungen würden dann weiterhin der Stadt gehören. Auch wäre der Einfluß der Behörde größer. Außerdem wollen die Reformer die Hierarchien ändern. „Es sollen“, so Viola König, „kaufmännische Leiter eingestellt werden, die höher dotiert sind als die wissenschaftlichen Direktoren.“ Christiansen sieht darin nichts anderes als ein „Diktat der Wirtschaftlichkeit“. Christiansen: „Wenn wir über unsere originären Aufgaben reden, wird uns das um die Ohren geschleudert.“

Noch in diesem Jahr soll trotz allem über die neuen Rechtsformen entschieden werden. Mit Gerichtsurteilen ist im Herbst zu rechnen.

Eine Büste von Hünefeld könnte Chrstiansen übrigens heute nicht erwerben. Die Bremer Museen verfügen über keinen Ankaufsetat. ck