Der Schwimmbadfürst

Opera aqua in einem Akt – wahre Liebe, gefährliche Leidenschaft, verbrecherische Machenschaften und die schöne Tochter des Bademeisters  ■ Von Michael Ringel

Personen:

Guido, der Schwimmbadfürst (Bariton)

Rico, der Bademeister (Baß)

Lilly, seine Tochter (Sopran)

Kevin, ihr Geliebter (Tenor)

Chor der Badegäste

Schon lange hat Guido, der Schwimmbadfürst, ein Auge auf die Tochter des Bademeisters geworfen. Doch Lilly liebt den Jüngling Kevin. Guido hat entdeckt, daß sich Rico durch einen Betrug mit Eintritts- und Jahreskarten einen Nebenverdienst zu seinem kärglichen Gehalt geschaffen hat. Nun erpreßt der Schwimmbadfürst den Bademeister und verlangt, daß er ihm seine Tochter ausliefert.

Lilly am Beckenrand (verliebt):

„Schwimm, Kevin Kolibri, schwimm.“

Kevin vor ihr im Wasser (ebenfalls verliebt):

„Auf den Grund und wieder hoch,

ich tauche längs und quer.

Von Rand zu Rand halt ich

die Luft für dich allein nur an.“

Kevin taucht ab, und Lilly erschaudert. Eine kalte Hand hat sich auf ihre Schulter gelegt.

Chor der Badegäste:

„Die dunkle Sonne geht auf,

das Bild des Drachen fliegt.

Das Waschbrett straff darauf,

der Schwimmbadfürst stets siegt.“

Guido (kalt lächelnd): „So leicht erschrickst du, Lilly?

Ist es die Furcht oder dein Gewissen?“

Lilly (verächtlich): „Mein Name aus deinem Mund,

und ich heiße Gänsehaut.“

Guido (schmeichelnd): „Ein Goldkettchen leg' ich um deinen Hals.

Du bist es wert, schöne Lilly.“

Lilly (zornig): „Ich bin nicht zu gewinnen.

Da drüben taucht er auf, mein Freund.

Wenn ich ihn ruf', dann bist du Mus.

Er wird es tun, für mich.“

Höhnisch lachend wandert Guido ab zum Bademeisterhochsitz

Rico (laut und zornig): „Du da mit der grünen Kappe,

soll ich dir da hinkommen!?“

(dann leise stöhnend):

„Zehn Halbe gestern abend.

Mein Kusselkopf, er platzt.

Die Sonne brennt.

Und da naht noch

der Schwimmbadfürst zuletzt.“

Guido (honigsüß): „Mein Freund, ich sah,

wie es geschah,

da du betrügst mit Eintrittskarten.

Das Geld hat dich getrieben.

Ich treib' dich an für mich fortan.

Du tust, was ich zu tun gedenk.

Dein Lillykind, ich will es haben.“

Rico (entschieden): „Niemals, eher geb' ich meinen Arm.“

Guido (spöttisch): „Der einarmige Bademeister.

Ein schönes Trauerspiel wär das.“

Rico (trübselig): „Das ich denn spielen würde, nur laß mir meine Tochter.

Gib mir Zeit, Guido, und alles Geld sollst du bekommen.“

Guido (verächtlich): „Du hast nur wenige Minuten.

Ein Sonnenbad nehm' ich.

Und spring' vom Turm, vom Zehner gleich.“

Rico (bestimmt): „Es ist zu voll, ich kann den Turm nicht öffnen.“

Guido (gelassen): „Für mich steht alles, alles offen.

Und wenn ich aus dem Wasser komm,

wird Lilly mein, ich schwör's dir.

Guido ab zur Liegewiese. Rico winkt seine Tochter heran (mit geringer Autorität):

„Lillylein, laß ab von Kevin.

Willst du nicht Guido nehmen?

Ein schöner Mann, das wär der Rechte.“

Lilly (ruhig): „Ein schöner, eitler Eisesblock.

Nein, Papa. Ich bleib' bei meinem Kolibri.“

Lilly läuft zurück an den Beckenrand. Sie kniet nieder. Kevin und Lilly sehen sich verliebt an:

„Mein Herz, es schwimmt auf deinem See.

Dein Arm liegt zitternd neben mir.

Das Haar ist feucht und glatt wie matt.

Zieht mich hinab auf weichen Mund.

Mein Herz, es schwimmt auf deinem See.

Zwei Hüften fest, sie fesseln mich.

Zart streichelt es durch mein Gefühl.

Niemals mehr geh' ich ohne dich.

Mein Herz, es schwimmt auf deinem See.

Zwei Tropfen perlen heiß auf Haut.

Ich fühle schnellen Puls in mir.

Mein Leben bist jetzt du allein.

Mein Herz, es schwimmt auf deinem See.“

Lilly und Kevin liegen sich in den Armen. Doch schon naht Guido, der am Becken entlangstolziert und die Leiter hinaufsteigt.

Rico (verzweifelt): „Was bloß kann ich tun?

Ein Schurke bin ich.

Ich stahl, da ich ein armer Bademeister bin,

und werd' es büßen müssen alle Zeit.

Doch schlimmer noch ist Guido.

Er springt vom Turm und Lilly an.“

Guido auf dem Zehnmeterturm (kraftvoll): „Muskeln aus Stahl,

Zähne wie Perlen,

braun wie die Nacht,

die Sonne bin ich.

Ich bin der Fürst

der Wellenwasser,

teile die Flut,

Kraul, Brust und Delphin.

Der Mädchen Blick

fliegt auf mein Waschbrett.

Rotes Tattoo

zeigt Drache auf Schwert.

Ich spring vom Rand,

wo immer ich steh'.

Das Bad ist mein

und Lilly dazu.“

Guido tritt an die Kante. Rico (über das Megaphon befehlend):

„Guido! Halt! Ein Kind! Unter dir!“

Guido erstarrt und strauchelt. Mit den Füßen voran fällt er hinab und schlägt mit den Kopf gegen die Fünfmeterplattform.

Guido: „Aaaaaaaaaaaaaah...“

Lilly: „Das Kind, fast hätt' er's getroffen.“

Kevin: „Mit Überschlag und Schraube.“

Rico: „Fischt ihn heraus!“

Chor der Badegäste:

„Die dunkle Sonne geht unter,

das Drachenbild versinkt.

Das Waschbrett baumelt bauchunter,

der Schwimmbadfürst ertrinkt.“

Leblos treibt der Körper im Wasser, das sich langsam rot färbt.

ENDE