Und was, wenn er verliert?

■ Wie erginge es Gerhard Schröder nach einer Wahlniederlage? Vier Fragen an einen Spitzenkandidaten, der die Erfahrung schon hinter sich hat

Alle waren sich sicher, daß er Premierminister würde. Doch trotz enormer Vorsprünge in den Meinungsumfragen verlor der britische Labour-Chef Neil Kinnock 1992 gegen die Konservativen. Er wurde mit seinem jetzigen Posten als EU- Kommissar in Brüssel getröstet.

taz: Ist eine Wahlniederlage wie ein Autounfall – der Schock löscht die Erinnerung aus?

Neil Kinnock: Nein. Mein Auto hat sich tatsächlich mal bei sehr hohem Tempo überschlagen. Da kann ich mich noch an jede Sekunde erinnern. Und ich kann mich an die Wahlnacht erinnern – an jeden Bruchteil einer Sekunde.

Hatten Sie an dem Abend das Gefühl, das Desaster hat Sie Ihr politisches Leben gekostet?

Nein, aber ich hatte das Gefühl, daß ich ein paar gute Jahre meines Lebens vergeudet hatte. Aber dank Freunden wie zum Beispiel Tony Blair bin ich heute drüber hinweg.

Selbst wenn die Niederlage für die Wähler überraschend kommt, ahnt man sie als Kandidat?

Es kam nicht wirklich überraschend. Ich wußte, daß da was im Anmarsch war. Es war einfach nie genug Unterstützung für uns da. Nach außen, klar, mußten wir den Wahlkampf führen, als ob wir zuversichtlich wären. Man kann schließlich keinen Halbwahlkampf führen.

Welche Eigenschaft braucht man, um nicht an einer verlorenen Wahl zugrunde zu gehen?

Man muß unbedingt davon überzeugt sein, daß die Welt größer ist als das eigene Ego. Wenn du nur in die Politik gehst, um zu gewinnen – geh' besser angeln. Interview: Patrik Schwarz