„Wir gehen nach Engagement und Know-how“

■ Petra Gilles, Personalleiterin einer Versicherung, zu den Aufstiegschancen für Frauen

Karriereförderung von Frauen steht in Bremens Unternehmen ganz hinten an. Das weiß auch eine der Dozentinnen vom neuen Kontaktstudium in Oldenburg, Petra Gilles. Sie ist seit dem 1. Juli Personalleiterin bei einer Versicherung mit 450 MitarbeiterInnen in Bremen. Dort gibt es weder Vorstandsbeschlüsse noch Betriebsvereinbarungen, um Frauenförderung festzuschreiben. Petra Gilles hat in der Versicherung fünf Jahre in der Personalentwicklung gearbeitet. Wir sprachen mit ihr über Chancen und Probleme von Frauen – ob mit oder ohne betriebliche Frauenfördermaßnahmen.

taz: Wie haben Sie es selber auf diese Position geschafft?

Petra Gilles: Mit viel Einsatz. Aber auch mit viel Unterstützung meines ehemaligen Vorgesetzten.

Die Führungsetage will also Frauen auf wichtigen Positionen haben?

Sagen wir so: Es wird jetzt immer besser. Das liegt vor allem daran, daß in der Geschäftsleitung ein Generationenwechsel erfolgte.

Trotzdem will man keine Karriereförderung, wie sie jüngst der Vorstand von Volkswagen beschloß? VW will den Frauenanteil in Führungspositionen mittelfristig auf 30 Prozent anheben.

Wir haben in der Tat keine solche Quotenregelung. Wir gehen bei der Einstellung nach dem Engagement und dem Know-how der Frauen.

Ist sie nicht nötig oder nicht gewollt?

Es ist sicherlich gut, so etwas zu haben. Aber im Moment sind die Zeiten einfach schwierig. Alles geht doch in Richtung Lean-management, bei dem Leitungsebenen gekappt werden.

Aber VW verschlankt auch, trotzdem bleiben Führungspositionen.

Ja, und da bemühen wir uns auch, diese mit Frauen zu besetzen.

Wie?

Wenn es um konkrete Besetzungen geht, habe ich bislang in der Personalentwicklung versucht, durch meine Person Einfluß zu nehmen, indem ich Frauen direkt vorgeschlagen habe.

Und was ist da passiert, kamen Vorbehalte?

Natürlich.

Woher kommen die?

Aus einem gewissen Klüngel heraus, aus Seilschaften, in denen Frauen eben nicht so drin sind. Bei uns sind zum Beispiel die Prokuristen bei bestimmten Treffen immer unter sich. Da sagt dann der eine Prokurist zum anderen: Ich habe da einen intelligenten, jungen Mann. Du hast doch bald eine Stelle frei. Willst Du den nicht nehmen?

Wie sollen die Frauen dagegen ohne konkrete Vereinbarungen angehen?

Wir haben im Unternehmen ja schon einige Gruppenleiterinnen, sie stellen eine Quote von 25 Prozent. Das ist schon mal nicht schlecht. Allerdings sind wir in den oberen Bereichen nur fünf von insgesamt 34. Und genau da möchte ich gerne ansetzen. Aber erstmal ist mein oberstes Ziel: Die Damen, die bereits in den Führungspositionen sind, sollen das auch schaffen.

Haben Sie da Zweifel?

Ich sehe schon, daß die Seilschaften sehr, sehr stark sind. Da müssen wir eine gehörige Portion Selbstbewußtsein entwickeln, um uns dem auch stellen zu können.

Das Oldenburger Studium soll dabei helfen. Was müssen Frauen lernen?

Zum Beispiel Netzwerke zu bilden. Man muß sich sehr viel mehr untereinander austauschen. Mit diesen Seilschaften meine ich aber nicht nur Frauen. Es geht auch darum, sich die Leute zu suchen, die bereit sind, mit Frauen auf einer bestimmten Ebene zu arbeiten.

US-Unternehmen stellen Frauen zunehmend im Topmanagement ein, weil sie sich von ihrer sozialen Kompetenz Wettbewerbsvorteile versprechen. Was sagen Sie dazu?

Ich hatte gerade eine Diskussion mit einem männlichen Kollegen über eine weibliche Führungskraft. Er sagte zu mir, Frauen würden immer so emotional reagieren. Frauen sollten ihre Emotionalität aber auf keinen Fall verlieren. Sonst wird sich nie etwas ändern. Männer agieren oft berechnend zu ihrem eigenen Vorteil und arbeiten für ihr eigenes Image. Das ist oft so, auch wenn sich das hart anhört. Frauen denken sozialer und damit auch automatisch mehr an die Vorteile für das Unternehmen.

Fragen: Katja Ubben