„Ja, natürlich waren es Spendengelder“

■ Mika Railo von der Greenpeace-Weltzentrale über den Versuch, einen Atomsprengkopf zu kaufen

taz: Kann man Greenpeace jetzt vorwerfen, was Sie immer den AKW-Betreibern vorwerfen – Sie haben eine Gefährdung der Bevölkerung in Kauf genommen?

Mika Railo: Also wir hätten zuerst mal sichergestellt, daß die Aktion sicher abgelaufen wäre. Wir hätten das natürlich niemals auch nur angepackt, wenn irgendeine Gefahr einer atomaren Explosion bestanden hätte. Das ist also nicht zu vergleichen.

Und wie hätten Sie die Sicherheit garantiert?

Ich bin kein Nuklearexperte, aber für eine Detonation braucht man nicht nur den Sprengkopf, sondern auch einen Zünder.

Wurde die Aktion von der Greenpeace-Spitze autorisiert?

Soweit ich weiß, war Steve Sawyer, der Vorgänger des jetzigen Greenpeace-Direktors Thilo Bode, beteiligt.

Der Operationsplan kam also von ganz oben?

Ja, genau.

Wo kamen die Gelder her?

Die Gelegenheit zu dieser Aktion kam überraschend, so daß dafür keine Mittel eingeplant waren. 250.000 Dollar ist eine ganze Menge Geld für Greenpeace. Ich weiß allerdings nicht im einzelnen, aus welchem Etat die Mittel genommen werden sollten. Es war offensichtlich ein spezielles Arrangement von Herrn Sawyer.

Aber es waren Spendengelder?

Ja, natürlich, alle Greenpeace- Mittel stammen aus Spenden.

Riskieren Sie mit einer derartigen Geheimaktion nicht das Vertrauen Ihrer Spender?

Greenpeace ist nicht nur eine Umwelt-, sondern auch eine Friedensorganisation. Wir haben uns immer schon für einen Stopp der Verbreitung von Atomwaffen eingesetzt. Wenn man sich anschaut, was ein Aufdecken des Schwarzmarktes hätte bewirken können, dann wären dafür 250.000 Dollar nicht so viel Geld gewesen.

Trotzdem erinnert das Vorgehen von Greenpeace an die Arbeit von Geheimdiensten: Ein kleiner Kreis von Leuten um den Direktor zettelt eine Aktion an, die niemand kontrolliert und die erst Jahre später bekannt wird.

Es wurde nur deswegen erst Jahre später bekannt, weil es keine Story gab. Wenn die Aktion geklappt hätte, hätten wir sofort dafür gesorgt, daß sie so öffentlich wird wie nur irgend möglich. Im übrigen, wie gesagt, galt die erste Überlegung der Sicherheit. Greenpeace ist gewaltlos, unsere Aktionen gefährden niemanden in der Organisation oder außerhalb.

Aber sehen Sie nicht die Ironie, daß sich Greenpeace jetzt rechtfertigt mit Argumenten, die man sonst nur von Ihren Gegnern kennt? Es bestand keine Gefahr für die Bevölkerung; Wir hatten die Situation unter Kontrolle; Es war nicht geheim.

Es klingt vielleicht so. Aber der Unterschied ist doch, daß manche Behörden behaupten, es bestehe keine Gefahr, und wir können ein ums andere Mal beweisen, daß zumindest eine potentielle Gefahr besteht. Es hängt also davon ab, ob die Behauptungen stimmen.

Aus dem geplanten Sprengkopfkauf wurde nichts, Ihr Kontaktmann tauchte ab. Widerlegt das nicht Ihre Ansicht, es sei ganz einfach, Bombenmaterial zu kaufen?

Es ist vielleicht nicht ganz so einfach, wie wir dachten. Es war aber kein Problem, jemanden zu finden, der zumindest behauptete, Zugang zu Nuklearmaterial zu haben. Interview: Patrik Schwarz