Eine Handvoll Dollar für A-Bombe

Wie ein ehemaliger US-Spion in den Diensten von Greenpeace 1991 von einem russischen Offizier eine 400 Kilogramm schwere Atombombe erwerben wollte  ■ Von Patrik Schwarz

Berlin (taz) – Der junge Russe war 29 Jahre alt, Offizier bei den Sondertruppen des sowjetischen Generalstabs, zuständig für nukleare Sicherheit. An einem kühlen Tag im Frühjahr 1991 stand er im Garten von Schloß Sanssouci bei Potsdam und wartete auf einen Amerikaner.

William Arkin hatte zu diesem Zeitpunkt seine Karriere im Dienste eines US-Militärgeheimdienstes bereits hinter sich. Von 1974 bis 1978 war er in West-Berlin stationiert gewesen. Daß der Amerikaner sich 1991 mit einem jungen Sowjetoffizier treffen sollte, verdankte er seinem neuen, für einen Ex-Spion eher ungewöhnlichen Posten: William Arkin arbeitete bei Greenpeace International, wo er die Abteilung für Abrüstungsforschung leitete.

Ost- und Westdeutschland hatten sich vier Monate zuvor vereinigt, die Sowjetunion stand kurz vor ihrer Auflösung – die beiden Männer trafen sich in der Abenddämmerung des Kalten Krieges. Arkins Auftrag von Greenpeace lautete, den Beweis zu führen, daß mit dem Zusammenbruch des Ostblocks ein allgemein zugänglicher Schwarzmarkt für Nuklearwaffen entstanden ist. Arkins Gegenüber versprach dem Greenpeace-Gesandten, den Sprengkopf einer russischen Atomrakete zu beschaffen. Gewicht: rund 400 Kilo. Sprengkraft: Das Dreifache der Hiroshima-Bombe. Preis: 250.000 Dollar – inclusive des bleiverkleideten Transportbehälters.

Zu dem Geschäft kam es nicht. Der Russe, der bei mehreren Begegnungen Arkin von der Seriosität seines Versprechens überzeugt hatte, verschwand unvermittelt und spurlos – ehe Geld oder Bombe den Besitzer wechseln konnten. In der britischen Tageszeitung Independent schilderte der Greenpeace-Mann jetzt das gewagte Kommando. Der Offizier habe erklärt, so Arkin, er sei auf dem sowjetischen Raketenstützpunkt Altengrabow in Sachsen- Anhalt stationiert. Dort befehlige er einen Zug von Soldaten, die in unmittelbarer Nähe der Raketensilos eingesetzt würden.

Bei der Inventur des Arsenals zu Beginn seiner 12-Tages-Schicht habe der Russe mit zwei Helfern einen Sprengkopf entwenden wollen. Die Beute sollte, auf einem LKW versteckt, zu einem Treffpunkt mit Greenpeace transportiert werden. Endgültiger Bestimmungsort war nach Angaben des Greenpeace-Mitarbeiters Westberlin.

„Wir planten, ein Wissenschaftlerteam zusammenzutrommeln, um die Echtheit der Bombe zu überprüfen. Dann hätten wir sie enthüllt, um zu zeigen, daß das eine Gefahr ist“, sagte der Ex-Geheimdienstler dem Independent.