Geschlechtergerechte Neutralität

■ Schleswig-Holsteins Frauenministerium bemüht sich mit Hilfe eines Leitfadens um frauenfreundliches Bürokratendeutsch

Gernot Grimm hat es schwer – zumindest seit dem 1. April dieses Jahres. Denn seither firmiert der Parteilose bei den Bürgerinnen der ostholsteinischen Kleinstadt Eutin als Bürgermeisterin. Grundlage für diese neue Anrede ist ein Beschluß der Eutiner Stadtvertretung. Die legte fest, daß in ihrer Hauptsatzung nur die weibliche Form verwendet werden soll – Männer dürften dabei natürlich nicht benachteiligt werden. Immerhin ist die Geschäftsordnung der Eutiner Stadtvertretung in purer Männlichkeit verfaßt, dort heißt es im Nachsatz, Frauen seien mitgemeint.

Auch Bürgervorsteherin Hans Schirrmacher (SPD) mußte monatelang mit der Schmach der grammatikalischen Geschlechtsumwandlung leben. Dann wurde es der männlichen Mehrheit in Eutins Stadtvertretung zu bunt. Auf ihrer Sitzung Ende Juni zog sie einen Schlußstrich unter die Feminisierung. Eutins Amtsdeutsch soll künftig Männer und Frauen gleichermaßen beim Namen nennen.

Wie das aussehen kann, erklärt jetzt ein neuer Leitfaden des Kieler Frauenministeriums. Immerhin wimmelt es in manch holsteinischem Bürokratentext von Querstrichen und Bandwurmsätzen. Da ist von „der/die Antragsteller/in“ die Rede oder von „der Beamtin/dem Beamten, die/der in ihrem/seinem Amtszimmer“ montags und freitags von 8 bis 12 Uhr zu erreichen ist. Schön sieht das nicht aus, dachte sich auch die bündnisgrüne Kieler Frauenministerin Angelika Birk und brachte den „Leitfaden zur geschlechtergerechten Formulierung“ heraus.

„Mehr Frauen in die Sprache“ heißt es im Untertitel. Geschehen soll dies etwa mit Hilfe des Plurals. Denn der läßt auch Bandwurmschrägstrichsätze wieder auf ein leserliches Normalmaß zusammenschrumpfen. Das große „I“ verschmäht die Frauenministerin jedoch. Anstatt also von „LehrerInnen“ zu schreiben oder „Lehrerinnen und Lehrern“, plädiert ihr Ratgeber für „die Lehrenden“. Eine Neutralisierung des Geschlechts, um es sichtbar zu machen? Nein, meint der Leitfaden. Da „Frauen und Männer nicht nur Menschen sondern auch Personen“ seien, könne die Amtssprache ebenso von der Lehrperson sprechen. Frauensprachlich sei auch die Endung „kraft“ zulässig.

Damit die reine Lehre ihren Weg auch aufs Formular findet, sind außerdem Abkürzungen erlaubt. Frauenfreundlich ist es also, wenn künftig auf Schleswig-Holsteins Amtspapier das Kürzel „AS“ auftaucht. Denn dahinter verbirgt sich sowohl die Antragstellerin als auch der Antragsteller. Umweltfreundlich ist das allemal. Kürzel sparen Papier. Karin Flothmann