Bayern-Express-Ersatzverkehr

■ Seit Freitag drängeln sich täglich 120.000 S-Bahn-Fahrgäste zwischen Ostkreuz und Greifswalder Straße in den Busersatzverkehr. Bis 12. August werden dort die Gleise erneuert

Lieber kurz und schmerzvoll, dachten sich die S-Bahn-Planer. Seit Freitag und noch bis zum 12.August ist die S-Bahn- Ringstrecke zwischen den Verkehrsknoten Greifswalder Straße und Ostkreuz gesperrt. In den zwei Wochen werden nicht nur die S-Bahngleise erneuert. Für rund 125.000 BerlinerInnen verlängert sich die tägliche Fahrt zur Arbeit um insgesamt knapp eine Stunde. Denn statt der üblichen neun Minuten S-Bahnfahrt für vier Stationen setzt die Deutsche Bahn nun Busersatzverkehr ein.

So wird es für die Fahrgäste lang und schmerzvoll. Nicht 18 Minuten, wie von der S-Bahn GmbH erhofft, sondern eine halbe Stunde stehen die Fahrgäste in den randvollen Ersatzbussen. Doch in den Gesichtern zeichnen sich keine entnervten Minen ab: „Läßt sich wohl nicht umgehen, aber stellen Sie mir jetzt keine blöden Fragen“, verraten die Blicke.

Am Bahnhof Ostkreuz setzt sich die Menge in Bewegung und folgen den Schildern. Treppe runter, links, geradeaus, Absatz rauf, durch den Ausgang, rechts, irgendwo auf die andere Straßenseite – halt, falsch, wieder zurück und dann zum hoffentlich richtigen Bus. „Nennen Sie uns eine bessere Möglichkeit, und wir machen das“, forderte Bahnsprecher Gottfried Köhler gestern gegenüber der taz.

Christfried Tschepe, Sprecher der Interessengemeinschaft Eisenbahn und Nahverkehr Berlin (IGEB), ließ mit Verbesserungsvorschlägen nicht auf sich warten: „Wir haben der S-Bahn GmbH eine Mängelliste geschickt.“ So seien die Hinweisschilder in den Bahnhöfen zu klein und nicht klar genug formuliert. Auch wisse niemand, „welcher Bus welche Route fährt“. Tschepe hatte Wochen vor der Totalsperrung mit der Bahn verhandelt. Sie einigten sich auf die Radikallösung, um monatelangen Pendelverkehr zu vermeiden. Und auch die Taktzeiten der Busse – zwischen drei und vier Minuten – sollen die Kunden bei Laune halten, bis die Bahn auf 1,6 Kilometern zwischen Frankfurter Allee und Storkower Straße 4,6 Millionen Mark für neue Gleise, Schotter und Schutzschichten verbaut hat. Zusätzlich wird die Signaltechnik der Strecke modernisiert.

Was die Fahrgäste nicht sehen: Sie werden im Ersatzverkehr vom „Bayern Express“-Busservice befördert, weil die S-Bahn GmbH den Betrieb des Ersatzverkehrs öffentlich ausgeschrieben hatte. Der Bayern Express, eine hundertprozentige Bahntochter, machte trotz eines Angebotes der BVG das Rennen. Ein Ende des Pendel- und Ersatzverkehrs in Berlin ist laut Köhler nicht absehbar, doch immerhin: „Der Vollring der S-Bahn wird Ende des Jahres 2000 fertiggestellt sein.“ Peter Sennekamp