Land unter in Zentralchina

■ Wasserstände des Jangtse erreichen neue Rekordhöhe. 140 Millionen Chinesen betroffen

Berlin (taz) – Bei den schwersten Überschwemmungen seit Jahzehnten sind in China seit Mitte Juni an die 1.300 Menschen ums Leben gekommen. Die Fluten des Jangtse-Flusses haben in den Provinzen Hunan, Hubei und Jiangxi in Zentralchina bereits mehr als eine Million Hektar Land überschwemmt, der Schaden wird auf umgerechnet rund 20 Milliarden Mark geschätzt. Insgesamt sind über 140 Millionen Menschen von der Katastrophe betroffen.

Inzwischen hat die Zentralregierung die Regierungen der betroffenen Provinzen dazu aufgefordert, Sofortmaßnahmen zum Schutz der Deiche und Dämme zu ergreifen. Für einen Einsatz entlang des längsten Flusses Asiens sind seit dem Wochenende drei Millionen Menschen mobilisiert worden, berichtete gestern die South China Morning Post. Die Wasserstände am 6.300 Kilometer langen Jangtse und seinen 700 Nebenflüssen haben teilweise die bisherigen Rekordmarken um einen halben Meter überschritten.

Die dritte Flutwelle passierte am Wochenende die Baustelle des Drei-Schluchten-Staudamms und bedroht die Provinzhauptstadt Wuhan unterhalb des Staudamms. Dort kam die Schiffahrt vollständig zum Erliegen, da die Behörden den Flußverkehr untersagt hatten, um die bereits geschwächten Deiche nicht zu gefährden. Mit dem größten Staudammprojekt der Welt will die Regierung die Überschwemmungen kontrollieren.

Im Laufe der Jahre hat die Intensität der Überschwemmungen zugenommen, die regelmäßig in der Regenzeit durch über die Ufer tretende Flüsse hervorgerufen werden. Die Zeitung China Daily berichtete gestern, die dritte Hochwasserwelle werde in den nächsten beiden Tagen das Gebiet des Sees Dongting in Hunan erreichen. Der See dient dem Jangtse als Ausgleichsreservoir. Der Dongting war einst Chinas größter See, dessen Fläche jedoch durch Maßnahmen der Landgewinnung seit den Zeiten der Ming-Dynastie kontinuierlich verkleinert wurde. Durch die anhaltenden Regenfälle ist der Wasserstand des Sees bedenklich hoch, das Wasser kann nicht über den Jangtse abfließen.

Im schlimmsten Fall, so China Daily, „könnten die Deiche geöffnet werden, um einige Regionen zugunsten von industriell und landwirtschaftlich bedeutsamen Gebieten zu opfern“. In der Sieben- Millionen-Einwohner-Stadt Wuhan erreichte der Wasserpegel am Wochenende mit 28,62 Metern den höchsten Stand seit 1954. Für die nächsten Tage wurden weitere heftige Regenfälle vorausgesagt. Jördis Heer